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Gebrochen.
Alles war gebrochen. Sein Leben. Seine Existenz. Sein Glauben. Er. Es gab ihn nicht mehr. Einst war der Mann ein Junge gewesen und er hatte sich herumschubsen lassen von allem, was ihn umgeben hatte. Er war nicht in der Lage gewesen, seine eigene Meinung zu beziehen und hatte doch immer an jenem Standpunkt festgehalten, dass es der Frieden war und die Harmonie, welche er für sein Leben haben wollte. Und er hatte alles danach ausgerichtet, ebendies zu erreichen – an diesen Punkt zu kommen, so gut es ging, immer wieder in dem Wettlauf mit der Zeit. Immer wieder im Kampf um Voll- und Neumond, welchen er für sein Leben würde führen müssen, bis dass der Tod ihn entriss. Schließlich war alles in ein wankelmütiges Gleichgewicht eingependelt worden und er war den Kinderschuhen entwachsen. Er hatte sich ein bisschen gefunden, ohne sich zu verraten und getan, was von ihm verlangt wurde. Elijah war damit nicht unglücklich gewesen .. nur ein wenig verzweifelt darum, dass die Gesellschaft immer wieder ihre Erwartungshaltung veränderte ohne ihm Bescheid zu geben und es ihm nicht gelingen konnte, jene zu erfüllen. Dagegen erschienen diese wenigen Monate, wenn es denn überhaupt drei an der Zahl waren, so winzig und unbedeutend, bedachte man sie im Einklang mit dem gesamten vorangegangenen Leben. Eigentlich müssen sie damit jede Bedeutung verlieren, die er ihnen zugesprochen hatte und zurückkehren zu dem, was vertraut war, was ihm bekannt war und in dessen Gebieten er sich auskannte. Es hätte leicht sein müssen, von dem Abweg wegzutreten und wieder dem gewohnten Pfad zu folgen. Aber das war es nicht.
Es war das Schwerste, was Elijah jemals in seinem Leben hatte erfahren müssen. Er hatte die bitterste Enttäuschung hinter sich, die ihm bisher geschehen war. Sein Glaube war gestorben. Sein Idol, seine Schlüsselfigur – sie war vor seinen Augen zu Boden gesunken und in den Tod entglitten, dass es ihm nicht mehr gelungen war, sie zu retten. Ohne zu Zögern hätte sich der Mann vor jeden Fluch geworfen, welcher für Dhakiya bestimmt gewesen wäre, denn in diesen Augenblicken gab es keine leisen Stimmen in seinem Kopf, welche ihn fragten, ob er das Richtige tat. Er hätte gehandelt, wie er es sein Leben lang gewohnt war: für das einstehend, dem er seine Loyalität verschrieben hatte. Über zwei Jahrzehnte bereits hatte er für das Ministerium eingestanden, obwohl jenes ihm nicht mehr als Dreck vorwarf und ihm sagte, genau dahin gehörte er.
Drei Monate lang war er der Wölfin gefolgt und er wäre ihr noch lange Zeit treu zur Seite geblieben, weil sie ihn gerettet hatte. Natürlich hatte er Gedanken gehegt, ob das, was sie taten – so, wie sie es taten – richtig war. Es hätte gewiss noch gedauert, bis irgendwann von ihm ausgehend die Zweifel zu groß geworden wären, um weiterhin an Dhakiya zu glauben. Vielleicht an ihre Absichten und an ihre Ziele, doch jenen Weg, den sie gewählt hatte, wäre niemals zu seinem geworden. Hätte man dem Mann die Zeit gegeben, sich selbst bewusst zu werden, in welches Schlamassel er sich begeben hatte, er hätte sich alleine befreit. Er wäre wieder auf den richtigen Pfad gekommen und hätte sich entschuldigen können bei denen, die er verstoßen hatte. Unter anderem bei Jan.
Stattdessen hatte ihn das Schicksal überholt und ihn wissen lassen, dass er zu langsam für die Entwicklung der Welt war. Dhakiya war vor seinen Augen gestorben und Elijah hatte nichts für sie tun können. Er kannte das Gesicht des Täters, er hatte ihm in die Augen geschaut. Und alleine durch das Entreißen eines Wesen, welchem Elijah alles gegeben hatte, war er nur umso mehr an die Tote gekettet worden. Er würde sie in seinem Herzen mitschleifen, bis es irgendwann an der Zeit wäre, sie freizugeben und für sich einzustehen. Viel länger wie es gedauert hätte, hätte man Dhakiya am Leben gelassen und sie ihre Fehler tun lassen .. umso tiefer war er in seine eigene Schuld hineingerutscht und musste ihr nun gütig werden, um mit sich selbst leben zu können.
Trauer erfüllte ihn genauso wie ungebändigte Wut. Genauso wie Hilflosigkeit. Er hatte tiefe Ringe unter den Augen und er hatte leere Hände vom Leben. Er trug Narben. Außen wie innen. Blaue Flecken und irgendeine Rippe war angeknackst. Womit verdiente man sein Gold, wenn man nichts mehr hatte? Er war in den Untergrund abgerutscht und es gab keinen Boden mehr unter seinen Füßen. Er prügelte sich für Wetteinsätze und gab die wenigen Silbermünzen für ein Bier aus oder ein Brot. Vielleicht war Elijah mal hübsch gewesen – voll von dunklem Charme und Augen, die vom Leben erzählten.
Mittlerweile war er einfach nur ausgezehrt von dem Nichtwissen um sich. Von dieser ewigen Existenzangst, welche in seinen Nacken gekrallt tiefer und tiefer eindringen würde. Es war Winter und es war schweinekalt. Aber er hatte keine Wohnung. Er hatte nichts finden können und die A.C.O. war niedergebrannt worden. Freunde hatte Elijah vor Langem bereits verstoßen. Ihm blieb das Feuer seiner Rache.
Er lebte von Nacht zu Nacht. Von Ringkampf zu Ringkampf. Gewann er, konnte er was trinken. Verlor er, musste er trocken davon kriechen. Dort starb jede Moral ziemlich leicht. Sein Gewissen ächzte in der hinterletzten Ecke und röchelte sterbend nach Atem, weil ihm nur die Wahl blieb, es zu ersticken. Wenn er mit sich leben wollte.
Er hatte nichts mehr.
Alles war verloren. Nur vage Hoffnungen waren geblieben, dass es vielleicht einen Weg gab, zum Zug zu kommen. Irgendwo auf diesem Wege war der Gedanke gekommen, dass sein eigener Tod keine Abwegigkeit mehr bedeutete – sondern relativ wahrscheinlich war und geduldet, wenn er dafür die richtigen Widersache mit hinabreißen konnte. Mit einem leisen Plopp tauchte er an dem einst vertrauten Ort auf. Es war mitten am Tag – eine Zeit, zu welcher Jan im Ministerium war. Er kannte dessen Leben, kannte die Gewohnheiten und den Rhythmus. Er kannte seinen Feind wahrscheinlich mit am Besten.
Dennoch stockte er. Blinzelte. Wandte den Blick rundherum: dort war nichts mehr. Kein Haus mehr und kein Anwesen. Er konnte nichts sehen, wo aus seinen Erinnerungen heraus genau an dieser Stelle alles hätte nachgezeichnet werden können, wie es bis zu seinem letzten Besuch der Fall gewesen war. Unsicher tat Elijah einen Schritt. Und noch einen. Lief auf und ab.
Kein Schutt und keine Asche. Kein abgerissenes Haus. Nur nichts. Er wusste, was es bedeutete. Er wusste nicht, wie man drum herum ging, um zu jener Person durchzudringen, die er suchte.
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Geschrieben von Aria Foster-McLane am 30.06.2016 um 07:39:
Zu sagen, dass sie sich schon an die neue Situation gewöhnt hatte, war übertrieben. Auch wenn sich für Aria selbst nichts geändert hatte, war es merkwürdig. Keine unangekündigten Besucher mehr. Keine Kinder, die ihren Ball wieder haben wollten, weil er im Garten der Foster-McLanes gelandet war. Es war alles so merkwürdig, dass Aria selbst jetzt noch den langen Weg wählte. Immer wieder apparierte sie in eine kleine Seitenstraße in ihrem Wohnort, um die letzten Schritte bis zu ihrem Zuhause zu Fuß zurückzulegen. Sie wollte sehen, was passierte. Sehen, ob es nicht doch Menschen gab, die noch genau wussten, was sich hinter dieser magischen Barriere befand. Denn selbst jetzt wusste Aria noch nicht, welche Reichweite der Fidelius-Zauber wirklich hatte. Würden alle vergessen, dass ihre kleine Familie mal dort gewohnt hatte? Würden sie den Zauber angreifen können, weil sie ihn sahen? Sie wusste es nicht und man hatte es ihr auch nicht sagen können. Nicht, dass Aria die Ministeriumsbeamten wirklich danach gefragt hatte. Sie hatte doch geahnt, dass jede zu genaue Frage auch kritisch betrachtet werden könnte. Kritisch in der Hinsicht, dass sie sich schon wieder verdächtig machte. Immerhin hatte sie gerade erst einen Rechtsstreit mit dem Ministerium beendet. Sie war somit wohl immer noch nur unter Vorbehalt ein ehrenhaftes Mitglied der Gesellschaft. Solange zumindest, bis sie ihre Strafe abgebüßt hatte. Bei einer Geldsumme von der angesetzten Höhe und ihrem Gehalt würde es sich dabei um gefühlte Jahre handeln.
Geprägt von diesen Zweifeln an sich selbst und der Situation war ihre erste Reaktion auf die bekannte Gestalt nicht sich zu freuen. Vielmehr stockte Aria und blieb etliche Meter von dem Mann entfernt stehen. Dass sie somit auch zu ihrem Zuhause kam, war für den Moment egal. Sie hatte einfach nicht mit ihm gerechnet. Elijah hatte so lang nichts von sich hören lassen. Wieso war er jetzt hier? Sie wusste es nicht und eben das machte sie misstrauisch. Langsam und mit verschränkten Armen ging sie schließlich doch weiter. „Suchst du etwas?“ Oder besser: Suchst du jemand? Freunde beispielsweise, die er schon seit einiger Zeit ignoriert hatte. Sie selbst würde wohl auch keinen Preis namens Beste Freundin des Jahres gewinnen, aber sie hatte sich nicht so sehr zurückgezogen. Aria hätte immer versucht, für ihre Freunde da zu sein. Zeit einzuräumen, wo es keinen freien Moment gab. „Ich meine, nach ein paar Wochen kann man sicher an einem kleinen Gedächtnisverlust leiden. Wo die Freunde wohnen, wie sie heißen….“
Aria wusste, dass sie ihm Unrecht tat. Ihre Worte straften ihr auf eine Art und Weise, die er noch nicht verdient hatte. Sie wusste nicht, was passiert war. Sie wusste nicht einmal, ob es ihn überhaupt interessierte, was sie tat. Je länger sie ihn ansah, umso sicherer war sie sich jedoch, dass sie voreilig gehandelt hatte. Er sah nicht so aus, als hätte er das süße Leben hinter sich. Genau genommen sah er ebenso abgekämpft und fertig mit der Welt aus wie sie. Der Unterschied war nur, dass Frauen viele diese Lebensspuren einfach mit Makeup überdecken konnten.
Gepresst atmete sie noch einmal ein und aus. „Tut mir leid, ich bin im Moment nicht die einfachste Gesellschaft.“ Ein wenig gestikulierte sie. Hilflos, bedeutungslos, aber sie wollte ihm zugestehen, dass sie ihm Unrecht tat. Sicherlich war ihre Reaktion nicht haltlos, aber sie war überzogen. Sie hätte ihm wenigstens die Chance lassen können, etwas zu sagen, bevor sie dafür sorgte, dass er Abstand hielt. Eigentlich musste sie doch nicht erwarten, dass er ihr etwas Böses wollte. Elijah war nicht der Bösewicht in diesem Stück. Ihn musste sie nicht so absolut von sich fernhalten. Zumindest wollte sie das glauben.
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Geschrieben von Elijah Blackburn am 09.07.2016 um 12:32:
Es war weg.
Wie so vieles, einfach aus seinem Leben verschwunden. Er war nicht in der Lage, etwas festzuhalten – war er vorher nicht in der Lage gewesen, etwas los zu lassen. Doch Dhakiya hatte ihn aus sich herausgezerrt – sie hatte ihn gezwungen, sich selbst zu überwinden und zu jemand anderen zu werden .. ob er jemals von alleine an diesen Punkt der überfüllten Frustrationen gekommen wäre? Gewiss, er wäre. Doch niemals hätte er ohne die Hilfe der Wölfin zu dem Ruf nach Rache und dem Sinn für Gewalt gefunden, welchem er sich ohne einen zweiten Gedanken hingegeben hatte. Oder zumindest, nachdem er den zweiten Gedanken überwunden und kein hörbares Gewissen mehr gefunden hatte, was ihn davon abgehalten hätte, zu hadern und zu harren. Er hatte gehandelt und es war nicht gut gewesen, doch für den Blackburn war dies das einzig richtige, was er noch besessen hatte. Schließlich war es Dhakiya gelungen, dass er alle Kontakte abbrach und dass er jede einzelne Brücke brennen ließ, welche ihn mit seinem vorherigen Leben verbunden hatte – er war ihrem Ruf gefolgt, als wäre dieser das einzige gewesen, was Elijah hatte hören können und für einige lange Wochen war dem sogar so gewesen. Ohne sich selbst oder die Taten der Wölfin zu hinterfragen, hatte der Blackburn beschlossen, zutun, was Dhakiya von ihm verlangte und ihrem Ideal zu entsprechen. Schließlich war sie seine Göttin gewesen – sie war zu seinem Glauben geworden und zum Inbegriff einer Freiheit, welche das Ministerium ihm seit jeher vorenthalten hatte. Wenigstens in einem einzigen Grund war die andere Wölfin für den Briten nutz gewesen, hatte sie ihn in allen anderen Fundamenten grundlegend zerstört: durch sie hatte er Freiheit erfahren. Seinen eigenen Wert, welchen er immer weiter unter dem Regime des Ministeriums und seinem freiwilligen Glauben daran eingebüßt und gesenkt hatte. Dhakiya hatte ihn wissen lassen, dass er mehr wert war.
Vielleicht nicht zu Höherem geboren, doch wenigstens ein gleichberechtigtes Mitglied einer Gesellschaft, welche ihn immer und immer wieder als das Monster degradieren würde, weil sie es nicht besser wussten und sich den Luxus leisten konnten, ihrer Angst nachzugehen.
Doch nun war sie fort.
Sie war gestorben. War zusammengebrochen vor seinen Augen und er unfähig gewesen sie zu retten, gar ihre Widersacher zu stellen. Denn diese ließen sich nicht einmal feststellen – am Ende jagte er Phantombilder aus seinem Kopf, welche er nicht zu greifen bekam und die seinen Fingern entglitten. Doch in Elijah bebte eine Wut und es bebte der Wunsch nach Rache, dass er sich dem nicht entziehen konnte – diesem klammernden Griff um seine Eingeweide, welche eine Übelkeit auslösten und ihn dazu trieben, unruhig auf und ab zu rennen, wie ein Raubtier im Käfig. Er kannte nur einen einzigen Ansatzpunkt und selbst jener schien nach den gegangenen Monaten der Stille schwer zu erreichen zu sein – kaum greifbar und fast genauso schwer zu fassen wie alle anderen Phantombilder seines Kopfes. Doch Jan war es, an den er hatte denken müssen; jener den sie zur Hilfe gerufen hatte, als sie in Bedrängnis geraten war. Und Elijah war sich sicher, dass Jan auch den Mörder kennen musste, welcher die Schuld an dem Tod von Dhaykia trug. Der Brite wusste nicht, was er sich davon erhoffte, wenn er den einstigen Freund zur Rede stellen würde .. doch war es besser, wie nichts zutun. War alles besser, wie nicht zu wissen, was er nun tun konnte – wo sein Leben in Scherben lag.
Er war über den Punkt längst hinweggeschritten, wieder zurückkehren zu können, um dem Ministerium in blindem Wahn zu folgen. So stand er hier, so schritt er vor dem Nichts auf und ab, von dem er wusste, dass dort bis vor wenigen Monaten noch ein Haus gestanden hatte und deren Bewohner er gut genug kannte um zu wissen, dass sie doch .. eine Spur hinterlassen hätten. Sie hätten ihn nicht so ohne Weiteres aus dem Leben ausgeschlossen und wären unauffindbar geworden, so, wie er es bei ihnen getan hatte. Daran konnte Elijah nicht glauben. Und doch: er war machtlos jenen Zauber zu überwinden, welcher das Haus vor seinen Augen verbarg.
So hob der Werwolf den Kopf und wandte seinen Blick in die Richtung jener Schritte, die er bereits wenige Sekunden vor ihren ersten Worten hatte hören können. Und sein Blick traf auf Aria. Traf auf ihre Augen, ihr Gesicht und ihre Erscheinung. Sie trug genauso dunkle Schatten unter den Augen wie er in seinem Gesicht und sah abgekämpft aus, als hätte sie den Krieg alleine gewinnen müssen. Ihm blieb der Atem einen Moment in der Kehle stecken. Irgendwie war Elijah davon ausgegangen, dass durch sein Wegbleiben und sein Verschwinden die hinterlassenen Menschen besser dran waren.
Er schwieg einen Moment und stieß bloß die Luft aus, welche sich in seinen Lungen angestaut hatte. Ehe er ein wenig die Schultern hob. „Ich irre nicht, wenn ich Dir sage: hier war das Tor und dahinter war der Weg und dahinter die Tür, Aria“, erwiderte er grimmig, während er seinen Blick zu jener Stelle wandte, wo das Tor gewesen war. Er hatte nichts vergessen, er war nur zu jemand anderem geworden.
Etwas regte sich in seinem Inneren.
Etwas, was Monate zum Schweigen verdammt worden war und jetzt die Chance ergriff, sich durch den winzigen Riss zu quetschen, welchen er zugelassen hatte: ein Gewissen. Schuld und Reue und Bedauern fluteten seinen Verstand, während er die Hände machtlos an seiner Seite zu Fäusten ballte. Es war nicht fair. Ihr Vater hatte ihm Dhakiya nicht nehmen dürfen und doch war es so gewesen; er hätte Aria nicht aus seinem Leben werfen dürfen .. und doch, war es so gekommen. Er presste die Lippen aufeinander und senkte den Blick. Wusste nicht, ob es Rechtens war, mit all seiner Wut und seinem ungetrübten Zorn hierher zu kommen, um von ihr zu verlangen, dass sie ihr eigen Fleisch und Blut verriet. „Was ist passiert?“
Geschrieben von Aria Foster-McLane am 16.08.2016 um 21:40:
Gern hätte sie ihm gesagt, dass das Tor ein paar Meter weiter links oder rechts sei. Dass der sich anschließende Weg gar kein direkter Anschluss war. Aria wusste, dass es kindisch war. Es nicht der Wahrheit entsprechen würde. Aber es hätte ihr doch eine gewisse Genugtuung beschert. Zu widersprechen, einfach weil es ging. Ein Verhalten, welches sie sich schon lange nicht mehr erlaubt hatte. Es war fast so, als wolle aller kindlicher Trotz aus ihr heraus, den sie so lang runtergeschluckt hatte. „Du weißt es, ich weiß es – aber wenn du dich umsiehst? Niemand würde dir glauben.“ Ihm, nicht uns. Sie schaffte bewusst und willentlich eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Szenarien. Sie wusste noch nicht, wo sie bezüglich Elijah stand. Waren sie noch Freunde, die einander bedingungslos unterstützen? Oder waren sie längst zu Fremden geworden, die einfach nur mehr übereinander wussten als nötig? Egal wie sehr sie gerade eine Abwehrhaltung einnahm, wollte sie doch, dass der erste Teil zutraf. Sie brauchte Freunde. Jetzt umso mehr als vorher und je mehr sie sich den anderen ansah, umso sicherer war sie, dass es ihm ähnlich ging. Sie wollte, dass es ihm so ging. Jeder andere Grund wäre ein Tritt in die Magengrube gewesen. Aria wollte nicht wieder die Partei sein, die einfach vergab und vergaß, obwohl sie nicht im Unrecht war.
Ihr Gegenüber bewies ihr, dass sie nicht auf die falsche Karte gesetzt hatte. Wäre sie ihm egaler, wäre sie auch für Elijah nur Mittel zum Zweck, hätte er nicht nachfragen müssen. Er hätte übergehen können, dass in ihrem auch Dinge passiert sein mussten. „Die Frage ist eher, was ist nicht passiert.“ Es gab nicht viel, was ihr an Normalität erhalten blieben war. Zumindest wenn man die Zeit vor Niks Werwolfbiss als Messlatte ansetzte. „Was passiert ist…ich habe einem Freund geholfen, der ein gesuchter Verbrecher war und er wurde in meiner Küche umgebracht. Wir haben jetzt eine saftige Geldstrafe am Hals, weil ich besagten Freund nicht dem Ministerium ausgeliefert habe. Wie chaotisch es in meiner Familie vorgeht, kann man fast schon als normal empfinden.“ Ihr Vater hatte ihr seinen Besitz überschrieben. Ihre Adoptiveltern mieden ihren Ehemann. So war das doch in den besten Familien oder? Kein Grund sich besonders Gedanken zu machen. Jedenfalls nicht, wenn man nicht sofort in Tränen ausbrechen wollte.
So vage wie sie alles gehalten hatte, schuf sie vielleicht aber auch genug andere Gründe für Frust und Tränen. Wusste Elijah überhaupt, dass sie mit Severin befreundet gewesen war? Wusste er, dass Jan und sie kaum noch Kontakt hatten? Frage, die sie ihm kaum stellen konnte.
„Wir können es auch damit zusammenfassen, dass mein Leben eine Achterbahn ist und sich seit Monaten nur noch auf einer Talfahrt befindet. Alles ziemlich grau in grau.“ Es war so typisch für sie, mit Worten zu malen. Ihr Leben in Farben einzuteilen. Matt lächelte sie ihn an. „Wollen wir irgendwo hingehen? Hier auf der Straße rumzustehen…“ Machte sie nervös und musste auf die Nachbarn komisch wirken. Sie wollte Elijah nicht vertreiben, aber sie war sich auch noch nicht sicher genug, ihm das Geheimnis anzuvertrauen. Das war eben doch der Vorteil und der Nachteil des Fidelius-Zaubers. Man war sicher, aber manchmal war es zu sicher. „Und bei dir?“ Die Frage war fast schon zu kurz, um all das einzufangen, was sie sagen wollte. Aria wollte die Kurzversion und gleichzeitig die detailreichste Erzählung, die der andere ihr bieten konnte. Sie interessierte sich wirklich dafür, wie es ihm ergangen war und doch konnte sie den Gedanken kaum ertragen, dass sie für noch eine Person stark sein sollte. War es nicht genug, dass sie das für ihren Ehemann sein musste? Für all jene, die erwarteten, dass sie ein gutes Leben führte?
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Geschrieben von Elijah Blackburn am 30.08.2016 um 08:48:
Er bleckte einen Moment lang die Zähne bei ihren Worten, ehe ihm die Luft entwich.
Was eine Ironie war es, welche sie von sich gab – er konnte nur den Kopf schütteln und lachen. „Mir glaubt sowieso niemand“, erwiderte Elijah voll grimmigem Hohn. Ihm nicht, dem Wolf. Welcher mittlerweile vollkommen reingerutscht in jenes Stigma keine Möglichkeit mehr sah, aus diesem herauszukommen. Er war in seine Rolle reingestolpert, hatte jenen festen Boden unter den Füßen einfach so verloren und war erst wieder an dieser Stelle zum Halten gekommen, wo er noch immer stand: ohne alles, nur mit einem brennenden Feuer in seinem Herzen, weil er es Menschen voller Rache heimzahlen wollte und es ihm doch nicht gelungen war. Bisher. Jan war das Opfer – er war die erste Zielperson des Wolfes und der Brite wusste, er war zu mehr bereit wie sonst. Dieses Mal gab es für ihn keine Grenze mehr, denn nachdem er bereits den Todesfluch losgelassen hatte, war jeder Rückweg für ihn gebrochen. Zusammengestürzt und verschüttet. Er fuhr sich durch die Haare. Niemand schenkte einem Werwolf noch Glauben und mittlerweile sah der Blackburn auch genau so aus: seine zerlumpte Kleidung war dreckig und zerrissen, seine Haare verfilzt und er trug einen Bart im Gesicht. Doch am Schlimmsten mochte nicht seine äußere Erscheinung, die dann und wann blauschimmernde Flecken erkennen ließ, sein – schlimmer war der Ausdruck in seinen Augen, welchen er der Welt entgegenwarf und für die er kaum mehr etwas übrig hatte. Jene Härte, vor der er sich Jahr um Jahr bewahrt hatte, solange es ihm möglich gewesen war .. und wo es doch immer schwerer geworden war, ihr nicht zu verfallen, hatte ihn just in diesen Zeiten eingeholt. Es gab kein Zurück mehr, wenn sich der Charakter einmal verändert hatte.
Trotz allem ruhte ein Funken Aufmerksamkeit in seinem Blick, als er die junge Frau musterte. Welche in seinem Alter war und doch mindestens genauso viel durchmachen musste, alleine dadurch, dass ihr Mann ein Werwolf und ihr Vater ein Schwein war, welches ihr wohl niemals wirklich gerecht geworden war. Einst hatte er Aria gemocht. Die Zeiten mit ihr, wovon es genug gegeben hatte, waren ihm in guter Erinnerung geblieben und es schmerzte, jetzt daran zurückzudenken. Denn er war hier um ihren Vater zu schaden. Nicht mehr und nicht weniger, wo er mitgemischt hatte, indem Tun rund um Dhakiyas Tod. Er wusste, dass dies unweigerlich auch auf dessen Tochter fallen würde und es tat ihm Leid, dass sein Vorhaben ihr Leben womöglich nur noch mehr erschwerte.
„Merlin, verdammt“, entwich es dem Mann schlicht und trocken und düster. Das Leben war nicht gerecht. Es ließ sich nicht mit der Gleichung ausrechnen, sich selbst hinauszunehmen, um einem anderen ein besseres Leben zu ermöglichen. Nicht einmal selbst konnte man sich für jemand anderen opfern.
Zögernd blickte er zu der jungen Frau.
Und sein erster Schritt war genauso; voller Unsicherheit, wie ein junges Tier, welches einen Gedanken hegte und doch nicht wusste, ob dieser richtig war. Davon ließ sich Elijah nur nicht aufhalten. Dann ragte er dicht vor Aria auf und schlang seine Arme um sie. Kurz hielt er sie fest. Sekunden, eben. Sekunden von gegebenen Trost, welchen er ihr zuteil werden ließ. Ehe er sie wieder losließ. Zu mehr nicht fähig. „Leben ist eine verdammt harte Sache, was?“, brummte der Mann leise. Er wusste es seit er klein war und sie wusste es wahrscheinlich mindestens genauso lange. Manchmal konnte man nur eben vergessen, wie beschissen das Atmen eigentlich sein konnte, ehe man wieder volle Wucht daran erinnert wurde.
Kurz hob der Mann die Schultern, nachdem er wieder einige Schritte zurückgewichen war und warf aus reiner Gewohnheit einen Blick über die Schulter die Straße entlang. Lieber würde er in ihrem Haus sitzen. In den ihm vertrauten Räumlichkeiten, mit jener Gewissheit, dass sie ungestört waren. Doch würde er Aira kaum zu etwas drängen. Er würde es nicht einmal erwähnen. Elijah leckte sich über die Lippen. „Sei Dir bewusst, mit wem Du gesehen wirst“, wie konnte sie nur? Dass er ein Wolf war, wusste sie zweifelsohne .. doch einer, der in Ungnade gefallen war, konnte sie kaum ahnen. Dennoch schien es ihm falsch, sich mit ihr abzugeben, wenn sie sowieso schon genug Last zu tragen hatte. So verzogen sich seine Lippen zu einem ehrlichen Lächeln, auch wenn es nicht das Glücklichste der Welt war, als er wieder zu ihr schaute.
„Ich beiße mich so durch“, antwortete er noch viel vager wie sie es getan hatte. Im wahrsten Sinn des Wortes. Er hauste unter der Brücke und er kämpfte im Untergrund für ein paar Münzen, lebte von der Hand in den Mund und von Nacht zu Nacht. Immer wieder den Angelhaken des Ministeriums in seinem Nacken spürend, welchen er längst nicht mehr herausgerissen bekam. Er biss sich durch, doch verlor er dabei seine Zähne. Aber das musste niemand wissen. „Wohin willst Du denn?“
Geschrieben von Aria Foster-McLane am 31.08.2016 um 20:38:
Als hätte er sie geschlagen, zuckte Aria sichtbar zurück. Sie hatte nicht auf diese Art und Weise mit dem Feuer spielen wollen. Es war nie darum gegangen, Elijah irgendetwas vor Augen zu führen. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass so eine einfache Aussage einen tieferen Sinn haben könnte. Vielleicht hatte die Hexe ihn weiterhin triezen, aber ihr Ziel war es sicher nicht gewesen, ihn wirklich zu verletzen. Die Phase, in der sie um sich schlagen wollte, war schon längst am Abklingen. Was sollte es ihr auch bringen, jetzt noch nachzutreten? Besonders dann, wenn sie die Schwachstellen nicht einmal kannte? Sie hätte das Gespräch weiterlaufen lassen müssen, um entsprechende Wunden und Sündenfälle herauszubekommen. „Das meinte ich nicht.“ Ihre Stimme verriet noch immer, dass seine Reaktion sie aus dem Konzept gebracht hatte. „Ich wollte nicht, dass du mehr darein interpretierst.“ Entschuldigend sah Aria den anderen an. Sie wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Sie konnte nicht einmal wirklich verstehen, weshalb Elijah so reagieren konnte, wie es tat. Was war in den letzten Wochen passiert, dass ihm diese Art von trockener Reaktion entlockte. Oder war das gar Humor? Aria wusste es nicht und ihre Verwirrung nahm auch nicht ab, je länger sie ihn ansah.
Sie konnte aber nicht zu viel falsch gemacht haben. Egal wie kurz die Umarmung war, bestärkte sie Aria darin, dass zwischen ihnen nicht alles verloren gegangen war. Sie konnte es nur bedauern, dass er ihr nicht genug Zeit ließ, um die Umarmung zu erwidert. Sie hätte einen Moment länger gebraucht, um den ersten Schock zu überwinden. Aria hatte einfach nicht damit gerechnet, dass Elijah sich zu so einer emotionalen Aktion hinreißen lassen würde. „Merlin kann doch auch nichts dafür.“ So gut es ging lächelte sie ihn an. Sie wollte ihm damit das Gefühl geben, umarmt zu werden. Es ging darum, Elijah etwas von dem zurückzugeben, was er ihr gerade gegeben hatte.
Zu sagen, dass sie leicht zu beeindrucken oder gar naiv war, traf die Situation nicht einmal im Ansatz. Aria konnte nicht einmal selbst beschreiben, worum es ihr gerade ging. Es war aber auch egal. Elijah sah nicht so aus, als erwartete er eine Erklärung von ihr. Generell verhielt er sich fast schon wieder zu ruhig. Wieso war er hierhergekommen, wenn er scheinbar doch kein wirkliches Ziel hatte? Oder war es sein Ziel, sie zum Reden zu bringen? Sie abzulenken? Wenn dem so war, dann schafften sie es beide nicht, einen Schritt darauf zu zumachen. Sie waren doch viel nüchtern. „Solange du das klappt und du nicht auf Granit beißt…“ Sich durchbeißen, auch mal kauen und würgen – damit könnte man leben. Damit lebte man eigentlich jeden Tag. „Und ich weiß genau, mit wem ich mich abgebe.“ Vielleicht nahm sie sich zu viel heraus. Aria ging dennoch näher zu dem anderen und schob ihren Arm unter seinen, hakte sich ein. „Lass uns einfach eine Runde drehen. Die Nachbarschaft ist ganz schön.“ Sie musste es wissen. Die Zeit, in der sie Hailey im Kinderwagen durch die Gegend geschoben hatte, war noch nicht so lang her.
Langsam setzt sich Aria in Bewegung. „Außer natürlich du möchtest nicht mit mir gesehen werden.“ Jetzt konnte sie schon wieder amüsiert klingen. Ganz so, als wäre die Zeit zurückgedreht wurden. Ganz so, als wäre zwischen ihnen alles gut. „Wenn schon keiner zu uns hält, müssen wir wenigstens zusammenhalten.“ Immerhin klang er auch so, als wäre sein Leben gerade bescheiden. Als müsste er dreimal überlegen, wem er vertraute oder nicht.
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Geschrieben von Elijah Blackburn am 15.09.2016 um 17:39:
Wie ein lauerndes Tier sah er zu ihr.
Mit geschärfter Aufmerksamkeit und wachsamen Blick. Zwar war sie einmal eine Freundin gewesen, doch längst wusste der Blackburn um die Zerbrechlichkeit und die Vergänglichkeit dieses Wortes, dieses Zustandes, dieser Eigenschaften – denn im Leben zählte nicht, wie viele Freunde man gehabt hatte, sondern nur wie viele einen nicht verraten hatten. Es zählten die Momente nicht, in denen man beisammen war, sondern jene, in denen man Hilfe bekam. Wie oft man verlassen worden war und wie oft man gefragt oder gerufen hatte, damit man nicht einsam bleiben musste. Doch Elijah war es gewohnt. Er hatte Jahre Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass es keine Menschen für ihn gab, welche immer bleiben würden. Es gab niemanden, der freiwillig diesen Wahnsinn mit ihm durchstehen wollte und bereit war, jeden Monat aufs Neue dieser schwankenden Stimmung zu begegnen. Keine Seele, welche so gutmütig war, um dieses anhaltende Leiden verzeihen zu können und jemanden doch immer wieder eine Chance zu geben. Niemanden, dem er am nächsten Morgen verraten konnte, dass es die letzte Nacht nur ein Hase geblieben war und dass es vielleicht irgendwann Mal ein Mensch sein würde, weil er diese Gewalt trotz jahrelanger Erfahrungen, niemals wirklich kannte. Immer wieder erwischte sie ihn aus einem neuen Winkel und erinnerte ihn an die Unbeständigkeit seiner eigenen Existenz. Es gab nur den Mond und seine Phasen, an welche gekettet seine Wandlung hing. Nicht mehr und nicht weniger.
Nur das Aufleben und Sterben des Mondes, unter welchem er wanderte und in dessen Bann er ewig hängen würde. Der Wolf als einsamer Gefährte. Und nun gab es die Rache dazu, welche seine Einsamkeit bloß mehr schürte, statt sie abzubauen. Elijah war es gewohnt, dass man ihm nicht glaubte, denn er war ein Wolf. Er war ein Monster. Das wahrgewordene Schauermärchen.
Menschen wechselten die Straßenseite bei seinem Auftauchen und Eltern retteten ihre Kinder vor ihm. Er hätte sagen können, dass dort einmal ein Haus gestanden hatte. Doch er hätte genauso gut sagen können, dass dort erst gestern ein Drache gelandet sei. Längst war es egal, welche Worte er wählte und sein Blick sprach davon, dass sie beide Recht hatten, ihm Glaubwürdigkeit abzuerkennen.
So verzogen sich seine Mundwinkel zu einem harten Zug und er hob eine Augenbraue. „Was?“, entgegnete der Blackburn fragend. „Die Tatsache, dass ich ein Wolf bin anzuzweifeln wäre Dummheit. Jene der Glaubwürdigkeit Naivität.
Du meintest, was Du sagtest. Und Du hast Recht.“ Er verschluckte, wie es sich anfühlte, Abschaum zu sein. Verlor keine Silbe darüber, wie verkümmert sein Herz mittlerweile war, wo sein Leben sich so gegen ihn gewendet hatte. Der Mann wollte von ihr nur etwas wissen, um mehr ging es nicht.
Vielleicht war nicht alles fort.
Doch vermutlich genug, dass es schwer werden konnte, wieder zueinander zu finden. Denn der Brite hatte ganze Arbeit geleistet und am Ende brachte ihrer beider Schicksal Gewicht mit, welches erst einmal getragen werden musste, ehe sie einander wieder näher kommen konnten. Es war nur ein Moment. Nur eine winzige Regung seitens des Briten, welcher nicht vollkommen tot war. Vieles mochte abgestorben sein, was in den letzten Monaten kontinuierlich ignoriert und missachtet worden war, was Qual und Leid hatte erfahren müssen, obwohl es Teil Seinerselbst gewesen war. Nicht immer war der beste Weg jener, auf sich selbst aufzupassen und manchmal konnte man ebendies nur erreichen, indem man sich schadete – etwas, was Elijah zu Genüge getan hatte. Er war grausam geworden ohne zuvor nach Blut zu lechzen und er hatte sich dazu anstiften lassen, seiner Wut einen Raum zu gewähren, in welchem sie sich ausbreiten und ein Feuer entfachen konnte. Eines, dass seine Wälle niederbrannte und ihn sein ließ, wie er geworden war. Kalt und abweisend und weit entfernt von einem Leben, welches gelebt werden wollte. Denn er konnte nicht mehr. Elijah konnte nicht mehr dieses Dasein ausfüllen, welches Träume hatte und welches glaubte, jene erreichen zu dürfen. Denn er durfte es nicht. Er war der Abschaum, war der Dreck und manchmal war es leichter, sich auch genau auf diese Stelle zu stellen, damit man weniger Widerstand bot. Das Ministerium würde ihn bekommen, doch vorher würde er noch einen letzten Stein auf sein Grab legen, welches er sich ausgehoben hatte. Und er würde zusehen.
Doch er würde auch seine Rache bekommen. Irgendwie, eben. Sich an jenen vergehen, die Schuld waren. Woran auch immer. Vielleicht waren sie noch immer Freunde. Aria und Elijah. Doch sie würden es schwer haben, wieder zusammen zu finden, bei so vielen Dingen die niemals gesagt werden würden, weil sie zu viel wogen und jedes Netz zum Reißen brachten. „Jedoch hat er auch nichts dagegen unternommen“, brummte er düster und schüttelte den Kopf. Einen solchen Glauben konnte sich der Blackburn nicht leisten. Er würde nur daran kaputt gehen, wenn er Merlin irgendeine Macht zuschreiben wollte, die Schicksäle betraf. Denn dann würde es bedeuten, dass Elijah nicht nur vom Menschlichen gehasst wurde, sondern von einer übernatürlichen Präsenz, derer er niemals etwas getan hatte. War er zu früh gegangen um sich jemals mit dem christlichen Glauben seiner Familie auseinanderzusetzen, hatte er jeden Sinn für diese Suche nach Trost und Begründung verloren und gar nicht mehr in Erwägung gezogen. Vielleicht fand sich darin etwas.
Vielleicht fand sich darin jedoch nur noch mehr Schlechtes, was er sich aufladen konnte und was sich in seinem Leben ansammeln würde. Wo es keine Sonne mehr gab. Nachtschatten. Er war obdach- und arbeitslos, er war ein Wolf und er war am Ende. Einfach nur am Ende seiner eigenen Zukunft. Am Rande seiner Gegenwart; dazwischen die Leere des Seins. Die Unerklärlichkeit und die Sinnlosigkeit einer Existenz, was an ihm riss. Er lebte für Rache, in diesen Tagen und danach – nichts.
„Er hat zugesehen. Wie sie alle. Sie blicken aus ihren Fenstern und ziehen die Vorhänge zu, wenn man ihnen ins Gesicht schaut.“ Wenn er den Blick hob, wie konnte er es wagen. Wenn ein Werwolf die Stirn der Welt entgegenstreckte, wie konnte es nur möglich sein.
„Selbst wenn, kann ich nicht anders.“ Auch Stein musste zerkaut werden, denn von diesem wurde ihm genug in den Weg gelegt. So ließ er sie gewähren: sie musste es wissen. Die Nachbarschaft und ihn. Er ging neben ihr, ohne sie anzusehen.
„Das weiß ich nicht“, entwich es ihm zögernd, während er weiterhin auf den Weg vor sich blickte. Elijah war nicht wegen ihrer verlorenen Freundschaft gekommen. Vielleicht – ein kleinerer Teil war deswegen gewiss hier aufgetaucht. Doch ein viel größerer wegen einem ganz anderen Grund.
„Ich bin hier, um Jan zu finden. Und wenn ich ihn gefunden habe, werde ich ihn töten.“ Genauso wie er Gustine den Tod bringen würde. Er würde Dhakiya rächen, würde ihr Ebenbild nicht einfach beschmutzt lassen. Er würde ihren Tod vergelten.
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