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Geschrieben von Peregrine Moreau am 05.09.2016 um 19:57:

Christmas isn't my thing anymore

Christmas isn't my thing anymore
Priscilla Moreau && Peregrine Moreau
28. Dezember 2022 | Nachmittag
Moreau Gestüt


Der Dezember war so ziemlich der furchtbarste Monat, den Peregrine seit Längerem erlebt hatte. Also das, was er so wirklich erlebt hatte. Während im Zimmer hockte und sich verkroch, konnte man nicht von erleben sprechen. Oder dass er viel mitbekam. War ja auch gut so. Er wollte nichts mitbekommen. Da kam es ihm eigentlich sehr gelegen, dass er hin und wieder nicht mehr sicher war welcher Wochentag oder welches Datum es überhaupt war. Vielleicht lag das am Alzheimer …vielleicht aber auch nur daran, dass jeder Tag gleich war. Ein Tag wie der davor und genauso wie der in zwei Wochen. Sie würden alle gleich sein. Es machte ihm nichts aus. Das war in Ordnung so. Und es war ihm auch lieber, wenn es daran lag, dass alles so gleich war, dass er vergaß, an welchem Tag im Dezember er sich befand. Es war besser, als wenn er das Datum schon vergaß. Lieber nicht. Vielleicht doch … lieber nicht. Peregrine musste bei diesem Gedanken schwer schlucken.
Der November und der Anfang des Dezember waren kaum mehr als ein schwammiges Einerlei gewesen und dann die letzten Tage… umso furchtbarer. Angefangen mit seinem Geburtstag. Vor mittlerweile einigen Tagen, aber es verursachte noch immer Magenschmerzen. Es ließ ihn noch immer leidend das Gesicht verziehen. Es war schon einige Jahre her, dass Per gerne seinen Geburtstag gefeiert hätte. Danach hatte er sich davor gefürchtet dreißig Jahre zu werden, weil man dann alt war. Weil er vielleicht in seine erste Midlife-Crisis gestürzt wäre, weil er die zwei vor seinem Alter verloren hätte, weil er so viel davon erwartet hatte, so viel, das auf ihn zukommen würde und auf das er nicht bereit gewesen war. Dieser Gedanke war in den Hintergrund gerutscht. Er hatte keine Angst mehr vor seinen Geburtstagen, weil er älter wurde … sondern weil es ihm nur deutlich machte wie wenig Zeit ihm blieb. Wie jung er war und mit jedem Tag kostbare Zeit verlor, die er nicht zu nutzen wusste. Nicht mehr nutzen konnte. Weil er sich vor der Welt versteckte. War auch besser so.

Nach feiern war ihm nicht zumute gewesen und an Weihnachten auch nicht. Nicht einmal. Er hatte sich nicht aus dem Bett bewegt. Nicht an Heiligabend, nicht an Heiligmorgen, nicht an den anderen Feiertagen. Er hatte nichts mehr an Weihnachten. Ihm war nicht nach dieser Magie, die den Raum durchströmte, er wollte es nicht feiern, er wollte es selbst nicht erleben. Er wollte sich vor all dem verstecken. In seinem Zimmer. Mit der Decke überm Kopf, aus dem Fenster starre und zusehen, wie es draußen kalt geworden war und sich der Frost an den Scheiben niederschlug. Mehr wollte er nicht. Einfach alles aussperren.
Heute…gerade so klappte das irgendwie nicht. Vielleicht lag es daran, dass ihm der Wasservorrat, mit dem er so sparsam umging als müsste er in der Wüste überleben, ausgegangen war und er es sich nicht bequem machen konnte und einfach Nachschub heraufzauberte. Könnte gehen. Würde er auch tun. Würde er seinen Zauberstab finden. In seinem Zimmer herrschte Chaos, so ein Chaos wie es eben herrschen konnte, wenn man nicht wirklich in einem Raum lebte. Früher hätte Pere trotzdem den Zauberstab gefunden, er hätte nicht einmal lange suchen müssen, aber jetzt nicht. Er hatte ewig gesucht, er hatte sich darüber geärgert, er hatte vor sich hergeschimpft, dass Priscilla ihn bestimmt vor ihm versteckt hatte. Zutiefst angefressen hatte er sich wieder unter der Decke im Bett versteckt, bis es ihn doch nach unten bewegt hatte. Mit vorsichtigen Schritten barfuß über den kühlen Boden. Es fühlte sich so seltsam fremd an sich durch sein eigenes Gestüt zu bewegen. Als würde er nicht mehr hierher gehören. Nicht dass er sich so fühlte … doch tat er. Leise schlich er durch den Flur, die Treppe hinunter und blieb im Türbogen zum Wohnzimmer, auf dem Weg zur Küche, stehen.

Wie erstarrt stand er an Ort und Stelle, das Gesicht war ihm eingefroren. Es zog ihm den Magen zusammen, während sein Blick über den geschmückten Raum wanderte. Die Weihnachtsdekoration, der Baum, der noch immer da stand. Weihnachten eben. Und dennoch riss es ihn so aus der Bahn und das nicht auf die angenehme Weise.


Geschrieben von Priscilla Moreau am 20.09.2016 um 19:42:

Leise summend schwang sie ihren Zauberstab.
Mit einem letzten Jingle Bells von ihren Lippen schob sich das Backblech in den Ofen, während von einem anderen die fertigen Plätzchen bereits von dem Blech hüpften und sich allesamt gesittet anordneten, um abzukühlen. In ihrem Rücken konnte sie das Geklapper der Schüsseln und der anderen Utensilien hören, welche sich bereits abspülten und mit einem letzten Blick in den Ofen, wandte sich die Moreau von diesem ab. Im ganzen Haus hing der Duft nach dem Gebäck und sie liebte es, wenn sie immer wieder von Draußen hereinkam, tief durchzuatmen und sich behaglich zu fühlen. Eine Empfindung, welche selbst in ihrem eigenen Zuhause keine Selbstverständlichkeit war, wie sehr sich die Moreau auch Mühe gab, die Schatten zu vertreiben – es gelang ihr niemals vollends. So wie sie auch nun alleine seit Stunden bereits in der Küche stand für das kleine Ranchfest, welches in einigen Tagen stattfinden würde und wo die ein oder anderen geladenen Gäste sich trafen. Zum Glück hatten sie unverbindlich einen Tag nach Weihnachten und vor Neujahr gewählt, sonst wären sie sicherlich in die große Aktion des Hopsitals gecrasht. So jedoch wurde nur viel mehr gefeiert als wann anders und wenigstens Priscilla war der festen Überzeugung, dass es gut war. Dass es gut tat.
Irgendwas musste der Mensch tun und sie hegte noch immer die leise Hoffnung, dass sie nur genug mit anderen Menschen tun musste, um diese Leere in ihrem Inneren vertreiben oder wenigstens eindämmen zu können. Diese Gedanken, welche sie hinabzogen und welche ihr das Aufstehen schwer machten. Dabei musste sie jeden Morgen raus. Auch am Heiligen Abend hatten die Tiere Fürsorge verdient und da sie den beiden guten Seelen eine Auszeit genauso wie ihrem Personalstab gönnen wollte, waren neben ihr nur ein oder zwei einsame Männer geblieben, die gerne bereit waren, an Weihnachten die Abraxaner zu versorgen. Am Ende hatten sie zusammen Glühwein getrunken und Gebäck gegessen.
Mit einem leisen Seufzen wandte sich die Moreau von der Küche ab um ins Wohnzimmer zu treten. Ein Schlenker ihres Stabes ließ bereits den Glasgoliath 2000 aufflackern, woraufhin die ersten Töne des Programmes durch den stillen Raum hallten.

Überall über den Fenstern hatte sie schon vor zwei Wochen Lichterkerzen aufgehängt, welche im sanften Rhythmus die Farben ihrer Flammen veränderten. Ein riesiger Tannenbaum füllte die eine Ecke des Wohnraumes aus, an dem leuchtende Kristallkugeln hingen, auf der Spitze saß ein verkleideter Gnom, der ab und an hinabkletterte, sich etwas von den Keksen stahl und sich dann wieder verzog um griesgrämmig auf die Menschen zu blicken, die an ihm vorbeiliefen. Nicht nur einmal hatte Priscilla Krümmel von oben abbekommen. Auf den Fensterbänken rangen sich Holzhippogreifkarussells um den besten Platz mit dem Zuckerstangenwunderland. Auf einer der Kommoden hatte sie liebevoll das Winterland in der Glaskuppel aufgebaut, aus welchem immer wieder Weihnachtslieder erklangen und wo man einen kleinen Chor sehen konnte, der sich auf den zugeschneiten Straßen versammelte. Ab und an huschten die Figuren von Haus zu Haus und wünschten dem zufälligen Betrachter ein frohes Fest.
Alles hatte sie in liebevoller Kleinstarbeit bereits seit Anfang des Monats aufgestellt und angerichtet, Schritt für Schritt hatte sie das Wohnzimmer dekoriert und auch nicht vor der Außenfassade des Hauses halt gemacht: dort fanden sich tausende und abertausende schwebende Kerzen vor, welche auch um die Dachrinnen und den Torrahmen im Stall zu finden waren und behagliches Licht spendeten. Sie hatte sogar den Gartengnomen rote Zipfelmützen beschafft, welche diese ab und an mal trugen. Selbst in dicken Socken und bequemer Kleidung auf dem Weg zur Kommode genoss es die Moreau – schließlich war Weihnachten gewesen. Jenes Fest der Liebe, jenes der Familie. Jenes von Zusammenkommen. Seufzend goss sie sich ein Glas Wein ein und blickte traurig in den blutroten Inhalt. Sie hatte alleine auf dem Sofa gesessen, in dem Schimmer ihrer Glaskugel und irgendeine Romanze geschaut, wo der Held am Ende herzzerreißend mit seiner holden Frau auf Hippogreifen davon geflogen war, um glücklich zu werden.
Von Peregrine hatte sie seit Tagen nichts mehr gesehen, noch weniger gehört. Sie hatte nicht an seine Tür geklopft sondern nur ein kleines Geschenk an seinem Geburtstag davor gestellt und wenig später eines an Weihnachten. Doch war dies längst kein Ersatz für die Nähe eines Menschen. Sie vermisste ihn und grade jetzt noch mehr wie zu allen anderen Tagen, wie sie im selbstgestrickten Pullover und mit dicken Wollsocken da stand.

Grade als sie sich umdrehte, glitt ihr das Glas aus den Händen.
Sie hielt ihren Zauberstab in der Hand. Nicht, dass Priscilla tatsächlich mit einer Gefahr rechnete – war sie doch in der letzten Zeit zu oft überrascht worden, um nicht so zu reagieren. Der Rotwein verteilte sich auf dem Boden, nachdem der Widerhall des Glases verklungen war, doch stand sie einen Moment reglos dort. Sie blinzelte und erwartete fast, dass sie sich irrte. Dass sie fantasierte. Dann – ohne darauf zu achten, ging sie über die rote Flüssigkeit hinweg zum Türrahmen. Priscilla umarmte Peregrine einfach nur, wie er dort stand. Er war gekommen. Er hatte sich aus seinem Bett bewegt, es musste alles gut werden. Ein neues Jahr kam und grade jetzt flammte die Hoffnung wieder in ihrem Inneren auf, dass Peregrine wieder gesund war. Warum er an Weihnachten nicht da gewesen war, an seinem Geburtstag nicht – sie würde es verkraften. Sie würde den Schmerz überwinden. Für ihn.
„Du bist da“, selbst konnte sie nichts dafür, dass ihre Stimme so unsicher klang. So unerwartet war sein Erscheinen.

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Geschrieben von Peregrine Moreau am 04.10.2016 um 23:38:

All die Musik. Weihnachtsmusik. Der Geruch von Plätzchen. Der laufende Glasgoliath. Der Weihnachtsschmuck überall. Irgendwie hatte Peregrine das Gefühl als wäre es ein Bild, in das er nicht passen konnte. Als würde er nicht hierher gehören. Weil unmöglich schon Weihnachten sein konnte. So schnell konnte die Zeit doch nicht vergangen sein. Gefühlt war es noch immer Herbst. Sein Blick huschte zu den Fenstern, die die Dunkelheit von ihnen fernhielten. Geradeso als erwarte er, dass ihm dort noch die bunt gefärbten Blätter entgegenstrahlten. Aber da war nichts. Nichts als Dunkelheit und selbst wenn es hell gewesen wäre, dann hätte er trotzdem nicht das gesehen, was er sehen wollte. Den Beweis, der ihm nicht so sehr ins Gesicht schlug, dass er sein Leben verpasste, weil er nicht das Zimmer verließ. Es war der Beweis. Und er wollte es nicht sehen. So wie er eigentlich nicht all das Weihnachtszeug sehen wollte. Er war nicht bereit dafür und gefühlt wollte er nur noch auf dem Absatz umdrehen und so schnell wieder nach oben verschwinden, wie er konnte, wäre er nicht von diesem Anblick überrumpelt gewesen.
Dabei hatte er sich doch denken können, dass Priscilla so etwas vorbereiten würde. Nur weil er sich nicht mehr aus seinem Zimmer bewegte, hieß das noch lange nicht, dass sie oder irgendjemand anderes an dem Gestüt auf Weihnachten verzichten würde. Verzichten müsste. Wollte er auch gar nicht. Wollte er niemandem auferlegen. Nur wollte er eben auch nicht Teil davon sein. Teil dieser fröhlichen, festlichen Stimmung, der er absolut nichts beitragen wollte, außer die Aussage, dass er trotz all der Stunden des Herumliegens des allen noch immer überdrüssig und müde war und er eigentlich nur in sein Bett zurück wollte.

Vielleicht hätte er sich auch noch auf dem Absatz davonstehlen können. Es bei diesem kurzen Blick in das Winterwunderland belassen können, zu sehen, was er verpasste und zu entscheiden, dass das in Ordnung war. So irgendwie. Wäre da nicht seine Schwester plötzlich im Raum gewesen, begleitet von dem für Per fast schon schrillen Klirren des Glases. Schweigend presste er die Lippen aufeinander, sah mit an, wie sich die Pfütze auf Wein über den Boden ergoss und verteilte. Ein kurzes Zucken war bei dem Geräusch durch seinen Körper gegangen und das war auch schon alles an Regung gewesen, die er zeigte. Er blieb wie versteinert, wie auf der Stelle festgezaubert stehen, starrte seine kleine Schwester an und ehe er sich versah, ehe er auch nur irgendetwas sagen konnte, fand er sich in ihren Armen wieder.
Unbeholfen fuhr er ihr mit einer Hand über den Rücken, ließ sich mit wenig Elan halb in ihren Armen hängen und verzog das Gesicht bei ihren Worten. „Ich wollte nur Wasser ‚olen“, murmelte er. Er war nicht da. Er war nicht da für eine verspätete Weihnachtsfeier. Für ein verspätetes Fest. Für irgendetwas der zahlreichen Dinge, die er mehr unbewusst als bewusst – teilweise zumindest – verpasst hatte. Für nichts davon war er da und dieser unsichere Klang in der Stimme seiner Schwester ließ ihm schmerzlich den Magen zusammenziehen. Eine ganze Eulenpostladung Steine mit der Aufschrift ‚schlechtes Gewissen‘ hagelten gefühlt auf ihn hinab. Er war doch nur da, weil er etwas zu trinken wollte. Um das Ganze, so hoffte er zumindest, nicht noch ….schwieriger zu machen, zog er sich aus der Umarmung. Kurz sah er Priscilla an, etwas entschuldigendes lag in seinem Blick, ehe er sich vorsichtig an ihr vorbeidrückte. Er stieg über die Pfütze, betrachtete sie im Vorbeigehen, um in der Küche zu verschwinden. Er wollte nur Wasser und wieder nach oben.
„Sag mal“, meinte er dann dennoch, wenn auch nur nebenbei. „‘ast du meinen Zauberstab fort getan?“ Die Frage war so dämlich. Wieso sollte sie das tun. Was hätte seine kleine Schwester mit seinem Zauberstab? Sie hatte ihren eigenen. Es war ja nicht mehr so, als hätte er seinen längst bekommen, weil er schon zur Schule gehen konnte und sie musste noch darauf verzichten. So war es nicht. Aber er hatte ihn nicht finden können. Er fand ihn für gewöhnlich immer. Und er hatte ihn so wenig gebraucht, wo hätte er ihn denn dann schon außer in seinem Zimmer liegen lassen können. Da konnte es doch nur Priscilla gewesen sein. Wieso auch immer. War doch logisch.
Zumindest erschien es ihm logischer als dass ihm überhaupt in den Sinn kam, dass er es selbst war. Es eine der Nebenwirkungen war Dinge selbst zu verstecken und nicht mehr zu finden. Als Zauberer hatte er nun einmal keine Autoschlüssel, die er verlegen konnte. Da war es eben der Zauberstab. Doch das hatte er mal bewusst vergessen. Verdrängt. Weil er sich nicht damit befassen sollte. Und dass man mal etwas achtlos zur Seite legte von jemand anderem, wenn man praktisch zusammenlebte, das war doch realistisch.

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