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Emergency Room
Man mochte nicht glauben, was grade an Weihnachten hier in der Krankenhausnotaufnahme los war. Ein pessimistischerer Mensch als Kenny hätte wohl irgendwelche durchschnittlich witzigen Wortspiele mit dem sogenannten Fest der Liebe gemacht, nicht aber der Connolly, der eigentlich immer schon ein großer Fan von Weihnachten war, weil da die ganze Familie zusammenkam, an einem Tisch saß und kleine – oder auch größere – Geschenke austauschte, um die gegenseitige Wertschätzung auszudrücken, kurz: Tatsächlich ein Fest der familiären Liebe, das bei Connollys normalerweise immer sehr groß gefeiert wurde. Heute auch, doch dieses Jahr hatte es den Iren getroffen, grade am Weihnachtstag eine Doppelschicht von morgens sechs bis abends um zehn ableisten zu dürfen, was dafür sorgte, dass sogar das sonnigste irische Gemüt einen Knacks bekam. Und wenn er sich die heutigen Fälle so ansah, konnte seine Stimmung kaum besser werden. Schon am Morgen war eine ältere Hexe mit diffusen Schmerzen im ganzen Körper zu ihm gebracht worden. Eine Untersuchung ergab nichts Besonderes und erst ein folgendes Gespräch brachte zu Tage, dass die ältere Dame wohl keine Verwandten mehr hatte und lediglich Aufmerksamkeit haben wollte. Kenny hatte sie mit einem stummen Aufmunterungszauber, einem Gute-Laune-Trank und mit dem Hinweis auf eine öffentliche Weihnachtsfeier in einem altertümlichen Kaffeehaus in der Winkelgasse, entlassen. Am frühen Nachmittag war ein weiterer bemerkenswerter Fall auf ihn zugekommen. Ein reinblütiges Ehepaar hatte sich im Vorlauf des Weihnachtsessens wohl einen ausgewachsenen Ehestreit geliefert, in dessen Verlauf die Frau ihrem Mann wohl in rasendem Zorn ein Tranchiermesser in die Hand gerammt hatte, die Kenny hatte entfernen müssen. Nun allerdings war die Frau komplett aufgelöst und saß weinend auf dem Begleitungsstuhl während der Connolly das Messer vorsichtig aus der Hand entfernte, die Wunde magisch verschloss und ihm einen Trank zur inneren und äußeren Wundheilung mitgab. Der Höhepunkt war allerdings am frühen Abend, als ein offensichtlich vollkommen verhätscheltes Kind mit Bauchschmerzen gekommen war und den Verdacht auf eine Blinddarmentzündung äußerten. Auch hier war eine umfassende Untersuchung erfolgt, bis sich der Junge mit einem lauten Furzgeräusch von seinen Schmerzen befreit und die Luft um ihn herum augenblicklich einen widerlichen Geruch angenommen hatte. Offenbar hatte er bereits den ganzen Tag über heimlich Süßigkeiten in sich hineingestopft, was nun seinen Tribut gefordert hatte. Hier hatte Kenny nur den freundlichen Hinweis gegeben, das Abendessen vielleicht ausfallen zu lassen, um den Magen des Kindes nicht noch mehr in Mitleidenschaft zu ziehen.
Nun folgte also der nächste Fall, offenbar eine junge schwangere Frau, die von ihrer Hauselfe hergebracht worden war. Der Anmeldebogen verriet, dass sie über ein Ziehen im Bauch klagte, nicht wirklich ein gutes Omen für eine Schwangerschaft, also hieß es wieder eine umfangreiche Untersuchung durchzuführen, um zu prüfen, ob auch sowohl mit der Mutter, als auch mit dem Kind alles in Ordnung war. Gekleidet in seinen limonengrünen Umhang mit gekreuztem Knochen und Zauberstab betrat er also nun nach einer kurzen Lektüre des Anmeldebogens den Raum – und wurde auch schon begrüßt, allerdings nicht grade freundlich, sondern ganz im Gegenteil mit einer Laune, die ihm, der ja ohnehin nur noch von Kaffee, Aufmunterungszaubern und Anti-Müdigkeitstränken auf den Beinen gehalten wurde, erneut einen Schlag mitten ins Gesicht verpasste. Natürlich verstand er, dass sich die junge Frau Sorgen um ihr ungeborenes Kind machte, aber er konnte nun wirklich nichts dafür, dass wohl irgendwelche gesundheitlichen Probleme bei ihr vorlagen. Er wollte ja sogar helfen, dass es ihr gutging, nur dass sie sich dafür grade mal so überhaupt nicht interessiert. „Guten Mrs… ähm, verzeihung, Ms Rookwood. Mein Name ist Connolly, ich bin Heiler hier in der Notaufnahme und für Ihre Behandlung zuständig“, spulte er daher erstmal die übliche Kurzvorstellung ab, bevor er das Clipboard mit dem Untersuchungsbogen erstmal beiseitelegte und auf sie zutrat. „Nun, Ihre Hauselfe sagte bei Ihrer, dass Sie über Schmerzen im Bauch klagen, haben Sie vielleicht etwas Falsches oder Außergewöhnliches gegessen?“ fuhr er in seiner Routine verbleibend fort, merkte aber schnell, dass die Sorge um das Kind größer war, als um irgendein falsches Essen. „Ich würde sie ansonsten bitten, dass sie sich auf den Rücken legen und Ihren Bauch freimachen. Ich darf Sie doch berühren, oder?“ Manche Reinblüter mochten das nämlich gar nicht, da hatte er schonmal einen kräftigen Anschiss für bekommen, weil er vorher nicht das Einverständnis des Patienten eingeholt hatte.
Früher war Weihnachten toll gewesen. Damals als es Victoria noch nicht gab, die einem alles vermiesen konnte. Als ihre Mutter noch gelebt hatte und mit ihr den Baum geschmückt hatte, weil es ihr so viel Spaß bereitet hatte, auch wenn es die Hauselfen tun konnten. Das war die einzige Sache, die kein Hauselfe tun durfte, ohne dass man einen Wutausbruch der damals kleinen Rookwood erleben wollte. Man sah es dem Baum an, dass ein Kind ihn geschmückt hatte und die Mutter versuchte, wenigstens noch was anderes außer kleinen Zinnsoldaten und Süßigkeiten dran zu hängen. Aber er war ein Unikat gewesen. Das war etwas, was sie mit ihrem eigenen Kind weiterführen wollte an Tradition. Mit Alaska hatte sie das nicht mehr machen können, da Victoria ihnen alles versucht hatte zu versauen, was ihnen Spaß gemacht hatte. Sie hasste die Frau bis aufs Blut. Ihr war es egal, ob sie eine gute Partie war und aus gutem Hause und das Vermögen der Familie vermehrt hatte. Sie hatte in dieser Familie nichts zu suchen und Alaska hatte sie auch keine schöne Kindheit bescheren können. Und wenn sie nicht einmal hinter dem Verschwinden von Jon stand. Dieser olle Mistkäfer konnte es doch nicht ertragen, dass sie glücklich war mit Jon und sie eine Familie gründeten weil sie sich liebten, auch wenn das Kind ein Unfall der Anomalien im Sommer gewesen waren. Sie liebte ihren Wurm und nun zerfraß sie die Angst, dass mit ihm etwas sein könnte. Victoria würde das ganz sicher gefallen. Irgendwas würde sie schon gemacht haben, damit es so weit kam.
Ohne Chipsy wäre sie nicht einmal hier, da sie sich selber kaum bewegen konnte dank der Schmerzen. Wäre es ihr bei ihrer Familie passiert, man hätte sicher nicht dergleichen getan, sie ins Krankenhaus zu bringen. Daran alleine merkte man auch schon die enge Bindung zwischen der Hauselfe und ihrer Herrin. Chipsy sah ebenfalls nervös aus und stand ein wenig unschlüssig im Raum, da sie ihre Herrin nicht alleine lassen wollte, falls diese etwas brauchte. Nach welchen Kriterien hier alle behandelt wurden, das wusste die Rookwood nicht. Sie wusste nur, dass endlich mal ein Heiler kommen musste, damit sie ihr Kind nicht verlor. Das würde sie nicht verkraften. Sie hatte schon eine Liebe verloren, ihr eigenen Fleisch und Blut durfte sie nicht auch noch verlieren. Daher schnauzte sie den Heiler auch direkt an, als er endlich den Behandlungsraum betrat. Ihr war es egal, ob sie in Wirklichkeit nur fünf Minuten gewartet hatte und nicht fünf Stunden, wie es sich anfühlte. Chipsy stand nur daneben und schaute ein wenig entschuldigend. Ebenso war es Catherine egal wie er hieß. Er sollte nur endlich mal in die Pötte kommen und sich um ihren Sonnenschein kümmern. „Ich habe ganz normal gegessen, außer die Schrumpelhexe hat mir bewusst etwas unter das Weihnachtsessen gemischt.“ Victoria war es zuzutrauen, allerdings müssten dann alle irgendwas haben, da sie alle vom gleichen Vogel gegessen hatten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht legte sich Catherine auf den Rücken. Jede Bewegung fühlte sich an, als würden hunderte Messer in ihren Bauch gerammt werden. Tränen liefen ihr ungewollt ein wenig das Gesicht herunter. „Was? Sie sollen mein Kind retten und mich nicht unsittlich betatschen. Das Kind ist in meinem Bauch.“ Woher sollte sie denn wissen, dass es eine Routinefrage war und nicht eine, die Catherine gerade falsch interpretiert hat. Nun und damit hatte sie ihm indirekt die Erlaubnis erteilt. Ihr war es doch egal, er sollte nur endlich mal etwas machen. “Miss ist ein wenig aufgeregt und hat Angst. Miss das so nicht meinen.“ Versuchte Chipsy daraufhin die Wogen zu glätten, was Catherine nur mit einem Augen verdrehen zur Kenntnis nahm und es sich sparte ihre Hauselfe zu rügen. Chipsy machte irgendwie eh was sie wollte und dafür mochte Cat sie ja auch eigentlich.
Hier in der Notaufnahme sah man Pferde kotzen. Buchstäblich. Schließlich kamen hier auch regelmäßige Verwandlungsunfälle unter Zauberern an, die schnell zurückverwandelt werden mussten, aber wenn sie dann auch noch Magenproblem hatten, ja, dann Prost Mahlzeit. An Weihnachten schien sich derweil die Creme de la Creme hier zu versammeln, um den diensthabenden Heilern das Leben schwer zu machen und wiederum andere, die sie irgendwie auf die Probe stellen wollten. Kenny brachte ja normalerweise alles menschenmögliche Interesse für seine Patienten auf. Sie waren ihm wichtig, weil er der Ansicht war, dass niemand von ihnen grundlos hierherkam, denn wer wollte schon freiwillig ins Krankenhaus, anstatt seine Zeit lieber woanders zu verbringen. Sein Ziel war es, zu helfen wo es eben ging und manchmal auch jemanden auf seinem letzten Weg zu begleiten, wenn klar wurde, dass Hilfe nicht mehr möglich war. Dennoch gab es manchmal Tage, an denen er lernen musste, dass dies von den Patienten nicht unbedingt respektiert wurde. Da musste er dann durch, die Zähne zusammenbeißen und das Standardprotokoll durchziehen, dass er in seinen Ausbildungsjahren gelernt hatte. Dennoch war er noch längst nicht desillusioniert von seinem Job, denn grade hier in der Notaufnahme war das Spektrum der Aufgaben so groß, dass man ständig auf Trab gehalten wurde und sich praktisch täglich neuen Herausforderungen stellen musste.
Diese junge Frau war eine solche Herausforderung, allerdings war sie dies auch in erster Linie deswegen, weil sie um ihr Kind fürchtete. Daher wartete Kenny nun ab, bis sie seinen Aufforderungen nachgekommen war, stellte sich danach neben sie und tastete vorsichtig ihren Bauch ab. Dabei spürte er genau nach, was sich tat in der Gebärmutter tat und ob er abseits davon im oberen Bauchteil irgendwelche Verhärtungen ertasten konnte, was allerdings nicht der Fall war. Danach widmete er sich wieder dem unteren Bauchteil und spürte, wie das ungeborene Kind sich unruhig bewegte und spürbar trat. Der Connolly runzelte die Stirn und trat einen Schritt von der Rookwood weg. „Nun, bei Ihnen kann ich nichts finden, allerdings kommen Ihre Schwerzen wahrscheinlich von der Unruhe des Kindes“, führte er ruhig aus und fokussierte das Gesicht seiner Patientin dabei mit einem aufmunternden Lächeln. „Sie erzählten aber grade, dass das Verhältnis zu jemandem aus Ihrer Familie nicht das Beste ist. Dazu muss gesagt werden, dass ein Kind in diesem Stadium bereits Reize von außen wahrnehmen kann, vom Stressgefühl der werdenden Mutter ganz zu schweigen“, erklärte er danach mit ruhiger Stimme, winkte dann die Hauselfe herbei und flüsterte ihr ins Ohr, dass sie die Hand ihrer Besitzerin nehmen und sie auch mit Worten beruhigen solle. Kenny nahm derweil die Hand des anderen Arms hoch, fühlte den Puls – er definitiv viel schneller ging, als normal – und legte ihre Hand dann vorsichtig auf ihren Bauch ab. „Ich möchte nun, dass Sie die Augen schließen und tief in Ihren Bauch und den Schmerz hineinatmen.“ Dann trat er einen Schritt zurück, füllte Teile des Behandlungsbogens aus und begann dann bereits damit zwei Tränke zuzubereiten, wobei er stets auch ein Auge auf die Patientin hatte. Es war sicherlich keine Standardbehandlungen mit zahlreichen Zaubern, Gegenflüchen und Erklärungen. Letztere würden noch später kommen, aber Entspannung war hier grade die beste Behandlung und in Verbindung mit einem Entspannungstrank für die Mutter und einem weiteren Trank, der dafür sorgen sollte, dass sich auch das Kind wieder beruhigen und die Schwangerschaft nicht zu früh beendet wurde, würden die Schmerzen bald der Vergangenheit angehören.
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Es war Weihnachten, da sollte es hier ja auch ruhiger zugehen. Das war zumindest Catherines Ansicht. Immerhin waren doch alle mit Feiern beschäftigt. Nun gut auch mit trinken und da stellte man oft dumme Dinge an. Aber eigentlich waren doch alle irgendwie in den Kreisen ihrer Lieben – konnte ja nicht jeder so eine dämliche Stiefmutter haben wie sie – und alles waren glücklich und allen ging es gut. So viel zu ihrer Annahme. Dass sie damit völlig falsch lag wusste sie nicht und interessierte sie auch irgendwie nicht. Ihr war nur wichtig, dass endlich etwas gemacht wurde um die Schmerzen zu lindern und ihrem Baby zu helfen, damit ihm nichts passierte. Dass solche Schmerzen und so ein Ziehen nicht gut war, das wusste auch die Rookwood, weshalb sie doch ein wenig in Panik geriet. Victoria war es egal gewesen, dass es ihr nicht gut ging und musste immer weiter sticheln und ihr Vater saß neben seiner Frau und tat nichts, um seine Tochter mal in Schutz zu nehmen. Sie hatten diese blöde Verlobung doch erst gewollt. Und nun war es auch alles nicht recht. Es war ja nicht so, dass sie nicht gewollt hatten. Sie hatten es nur in Ruhe alles planen wollen und dann war die Schwangerschaft dazwischen gekommen und Catherine wollte an ihrem großen Tag nicht aussehen wie ein Walross in Pressfolie. Und jetzt war Jon weg, seit über einem Monat. Seitdem war sie auf sich alleine gestellt. Chipsy hatte den Umzug in ihre Wohnung erledigt, da Cat einfach zu sehr in ihrem Loch gefangen war.
Ruhig lag sie da und ließ den Heiler machen. Hauptsache er tat endlich was und ihrem Baby ging es bald wieder gut. Chipsy stand ein wenig besorgt in dem Behandlungszimmer rum. So aufgelöst hatte sie ihre Herrin auch noch nie gesehen. Und Catherine hoffte einfach, dass er endlich mal machen würde. Stress? Natürlich hatte sie den. Victoria würde doch nicht aufhören damit. Das machte ihr doch ganz besonders Spaß und wenn sie das Kind verlor, dann wusste sie doch, wer jubelnd zu Hause stehen würde. „Dann beseitigen sie die blöde Sabberhexe und der Stress hört auf.“ Knurrte sie. Es war ja nicht einmal so, dass sie diese Frau freiwillig sah. Briefe von zu Hause las sie ja schon gar nicht mehr. Was auch immer man von ihr wollte, dafür sollte man vorbeikommen oder so. Sie ignorierte schlichtweg eh alles oder Chipsy kontrollierte die Post und legte der Rookwood nur die wichtigen Sachen hin. Als allerdings Chipsy ihre Hand nahm und neben ihr stand, schaute sie kurz irritiert. Doch ehe sie Chipsy fragen konnte was das werden sollte, da schnellte ihr Kopf zu dem Heiler rüber? Was sollte sie tun? „Ähm … was?“ fragte sie ein wenig entsetzt nach. “Herrin muss sich beruhigen.“ meinte dann ihre Hauselfe beruhigend. Sie wollte sich nicht beruhigen, sie wollte, dass die Schmerzen aufhörten. Sie wollte schon Kenny etwas an den Kopf werfen, als ihre Hauselfe mal wieder energischer wurde und sie ermahnte sich zu beruhigen.. Jeder andere hätte wohl seiner Hauselfe Strafen aufgebrummt, aber nicht so Cat. Die schaute nur ein wenig grimmig und versuchte dann ruhiger zu atmen.
Mit geübten Griffen ließ Kenny die notwendigen Zutaten in den Kesser fallen, rührte mal nach links, mal nach rechts. Während die junge Frau auf der Liege lag und von ihrer Hauselfe mit beruhigenden Worten bedacht wurde, konnte er sich ganz auf die Tränke konzentrieren, die er hier grade braute. Er brauchte nicht lange dafür und behielt auch stets die junge Frau im Auge, die sich grade offensichtlich eher unangenehm fühlte, da sie nichts mit der bisherigen Behandlung anzufangen wusste. Allerdings war es grade das wichtigste, dass sie zur Ruhe kam, damit nicht nur für sie der Stress abnahm, sondern auch die Aufregung für das Kind nachließ, das ja schließlich alle Gefühle seiner Mutter miterlebte, die guten, wie auch die schlechten und diese vielleicht noch dramatischer, da die Kinder sich natürlich auch Sorgen um die Menschen machten, die sie austrugen, ob sie sich dessen nun bewusst waren oder nicht. Kenny war bereits damit beschäftigt, den ersten Trank, der von leicht rötlicher Farbe war, in eine Flasche zu füllen, als er erneut Unruhe wahrnahm. „Atmen Sie bitte noch weiter, ich bin gleich wieder bei Ihnen“, sagte er mit ruhiger und freundlicher Stimmer. Sollte die Frau doch über ihn denken, was sie wollte, er wusste schließlich was er hier tat und, dass es ihr nicht gefiel, dass sie nicht mit Zaubern malträtiert wurde, hieß ja nicht, dass er sie schlecht behandelte. Ganz im Gegenteil half ihr grade nicht besser, als die Anwesenheit ihrer Hauselfe, die mit erstaunlicher Geduld die impulsiven Schübe der Patientin abzumildern wusste. Mit einem stummen Reinigungszauber wurde der Kessel gereinigt und schon landeten weitere Zutaten in dem Kessel, erneut rührte er den entstehenden Trank in verschiedene Richtungen um, schnupperte am Ende einmal kurz daran, da der leichte Rosenduft verriet, dass er auch nichts vergessen hatte und schon schüttete er auch diesen in eine Flasche, die allerdings etwas größer war, als die erste. Nun musste er die Flaschen nur noch mit dem Tranknamen und dem Einnahmeprozedere beschriften und schon konnte er sich wieder der jungen Frau zuwenden.
Daher trat er nun wieder auf die Liege zu, nickte die Hauselfe mit einem milden Lächeln an und setzte sich auf einen neben der Liege stehenden Stuhl. „Nun, Ms Rookwood, Ihre Schmerzen wurden durch akuten Stress ausgelöst, der sich in ungünstiger Weise auf Ihr Kind ausgeweitet hat. Sie müssen wissen, dass das Kind in Ihrem Bauch alle Gefühle von Ihnen miterlebt und ebenso unruhig wird, wenn Sie gestresst werden“, erklärte er einführend, blickte zu dem Behandlungsbogen, zuckte dann aber unmerklich mit den Schultern. Den Papierkram konnte er ja auch noch später machen. „Vorhin war es besonders unruhig und scheint sich sogar regelrecht gegen Ihre Unruhe gewehrt zu haben mit dem einzigen Mittel, dass es hat, regelmäßigen Tritten. Dennoch ist ihm nichts passiert und die Schwangerschaft kann auch problemlos fortgesetzt werden, allerdings sollten Sie wahrscheinlich einen Bogen um Ihre… ähm… Stiefmutter?... machen, damit sich eine solche Episode nicht wiederholt.“ Über die Weihnachtstage war sowas ja sowieso schwierig, aber hier bekam sie ja praktisch die heilerische Legitimation dafür, die restliche Weihnachtsfeier zu schwänzen. „Allerdings ist solch eine Episode schon sehr ungewöhnlich, wenn Sie erlauben, möchte ich gerne Fragen, ob es neben Ihrer Schwiegermutter noch etwas gibt, was Sie belastet?“ Gesprächstherapie konnte ebenso gut helfen, wie ein gut ausgeführter Heilzauber, aber bevor Kenny hier durchgängig mit seinem Zauberstab fuchtelte, konnte er ja auch erstmal die einfachere Variante ausprobieren. Später würde die Rookwood ja auch noch die beiden Tränke mit nach Hause nehmen und wäre dann hoffentlich erstmal versorgt.
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Atmen sie noch weiter äffte Catherine den heiler n Gedanken nach und schaute nur grimmig drein. Was waren das hier denn bitte für Behandlungsmethoden? So etwas hatte sie ja auch noch nicht erlebt. Dass sie Stress hatte und sich heute aufgeregt hatte, das wusste sie auch, aber das konnte doch niemals alles gewesen sein. Dann müsste sie schon die ganzen letzten Wochen das Problem gehabt haben. Jon war weg und ihr ging es alles andere als gut. Alle wollten wissen wo er war, seine Eltern eingeschlossen und nervten sie und setzten sie unter Druck, da sie unverheiratet sein Kind bekäme. Als ob sie das nicht selber wusste. Nur wusste sie doch auch nicht wo er war und war die Gehörnte. Aber Mitleid oder Hilfe bat ihr keiner an, stattdessen sollte sie Jon auftreiben und neben ihrer Arbeit am besten auch Jons Firma schmeißen. Dabei hatte sie davon keine Ahnung und sein Vater musste sich dann eben aus seinem bequemen faulen Leben herausreißen und selber eben die Firma wieder führen. Also sollte er ihr lieber nicht sagen, sie sollte sich nicht solchen Stress aussetzten. Sie tat es doch nicht freiwillig. Und daher glaubte sie auch nicht, dass es nur davon kam, aber wenn der werte Herr meinte. Wehe ihrem Kind würde etwas passieren. Chipsy kannte sie und ihre temperamentvolle Art schon in und auswendig und nahm es daher nicht persönlich, wenn sie zickte Chipsy war wohl auch die erste Hauselfe, die sich nicht selbst verletzte, wenn ihre Herrin wiedersauer war. Eben weil sie wusste, dass es Catherine ihr gegenüber nicht so harsch meinte, wie es für Außenstehende wohl aussah. Da war es Cat auch gerne egal, wenn sie innerlich dachten, dass sie ein typisches Reinblutprinzesschen wäre.
Mit erhobener Augenbraue sah sie den Heiler an, als er seine Erkenntnisse noch einmal deutlich machte. Und wie bitte schön sollte sie den reduzieren, wenn sie auf wundersame Weise Jon wieder heraufbeschwören sollte oder seine Sachen stattdessen regeln musste? Der Typ war ja witzig. Und ihre blöde Stiefmutter musste er dafür auch erst mal verschwinden lassen. Es war ja nicht so, dass sie diese alte Sabberhexe öfter als es nötig war sah. „Regelmäßige Tritte? Also ich habe mein Kind ja schon öfter gemerkt und wurde auch getreten, das waren keine Tritte, es war als würde mein Bauch reißen.“ Ja sie war der absoluten Ansicht, sie würde doch merken, wenn ihr Kind trat. Aber man wollte ja nachsichtig sei, vielleicht kam er ja gerade frisch von der Ausbildung. „Bitte, nichts leichter al das.“ Kam es dann nur von Catherine. Als ob sie dieser alten Ziege noch mal gegenüber treten wollen würde. Auch ohne den Rat des Heilers würde sie da nicht zurückgehen. „Alles bestens.“ Kam jedoch nur ihre knappe Antwort, als er nach weiteren Sachen fragte, die sie stressten. Die gingen weder ihn, noch sonst jemanden etwas an. Reichte schon, wenn die Presse sich das Maul zerriss, weil man den Moses ewig nicht mehr gesehen hatte und bei ihr deutlich sah, dass sie schwanger war.
Kenny war nicht der Typ Heiler, der sofort auf die dicke Magiekeule zurückgriff, wenn es um die Gesundheit seiner Patienten ging. Hier in der Notaufnahme war das durchaus ungewöhnlich, denn die einige seiner Kollegen schleusten die Patienten einfach durch die Behandlung durch, belegten sie wild mit irgendwelchen Heilzaubern, füllten sie mit Zaubertränken ab und schickten sie dann nach Hause, wenn sie sie nicht gleich auf die Spezialabteilungen in den höheren Geschossen einschrieben und sie damit ebenfalls raus hatten aus ihren Behandlungsräumen. Kenny hatte sich da eine ruhigere, entspanntere, aber deswegen nicht ineffizientere Art zugelegt, bei der er sich auch einfach mal fünf oder auch zehn Minuten länger Zeit nahm für seine Patienten, von denen es ihm auch viele dankten, dass er auch mal zuhören und ganz individuelle Anweisungen geben konnte, anstatt den Standardheilzauber oder den Standard Heiltrank. Bei der Abteilungsleitung kam das zwar nicht immer gut an, da man lieber schnell einen nach dem anderen behandelt wissen wollte, aber Kenny scherte sich nur wenig um die sich wiederholenden Vorwürfe, denn seine Patienten kamen nur selten auf die Krankenhausleitung zu, um ihnen von einer Fehlbehandlung zu berichten. Dennoch war dies hier sicherlich nicht seine Traumposition und da machte sich der Connolly auch keine Illusionen drüber. Am liebsten würde er ja bei einem Quidditchverein als Teamheiler unterkommen, aber er würde sich auch mit einer festen Anstellung auf einer der Spezialabteilungen zufrieden geben und im schlimmsten Fall auch die Selbstständigkeit in Betracht ziehen, und sich irgendwo als Heiler niederlassen, aber das war alles noch Zukunftsmusik. Er wollte sich erstmal einen sicheren Stand aufbauen, bevor er das Mungos verlassen würde – und bis dahin würde noch viel Wasser den Liffey hinabfließen.
Jetzt gab es erstmal eine Patientin, die seiner vollen Aufmerksamkeit bedurfte, diese aber anscheinend keineswegs haben wollte. Kenny seufzte leise, denn eigentlich wollte er ja nur helfen. Schließlich merkte er, dass die junge Frau auf der Liege einen ganzen Container von Problemen mit sich herumtrug, der sich, wenn sie sich nicht offensiv damit befasste und versuchte, sie zu lösen, immer wieder zu massivem Stress führen würde, der sich dann erneut in Unterleibsschmerzen und womöglich auch zum Abbruch der Schwangerschaft führen könnte. „Damit Sie mich richtig verstehen, Ms Rookwood, Sie bekommen von mir die medizinische Anweisung, sich in den kommenden Wochen zu schonen und alles von sich fernzuhalten, was Sie aufregen könnte.“ Bei diesen Worten wanderte der Blick des Iren auch kurz zu der Hauselfe, die vermutlich einiges dazu beitragen konnte, dass dies auch von Erfolg gekrönt sein würde. „Weihnachtsfeiern mit Ihrer Familie sind tabu, wenn sie bei Ihnen Stress auslösen. Sind sie berufstätig?“ Eine Frage, die bei jungen Frauen ja nicht immer selbstverständlich war, denn grade bei den Reinblütern gab es ja genug Haushexen, die noch einem alten Gesellschaftsideal gehorchten. „Ich möchte Sie zudem darum bitten, dass sie sich bis zum Jahreswechsel Dinge suchen, die Sie entspannen und dass Sie sich Freunde suchen, mit denen Sie über Ihre Probleme sprechen können.“ Auch dies war eine klare Anweisung, denn wenn sie schon nicht mit ihm sprechen wollte, was mit Blick auf die diversen Möglichkeiten der Natur ihrer Probleme ja auch verständlich sein konnte, konnte sie wenigstens mit Vertrauen darüber sprechen. „Für den Rest möchte ich Ihnen diese beiden Tränke mitgeben. Dieser hier ist ein Beruhigungstrank von dem Sie bitte heute Abend noch zwei fingerbreit trinken und danach immer einen fingerbreit, wenn Sie merken, dass sie sich angespannt fühlen, allerdings nicht mehr als vier fingerbreit pro Tag. Dieser Trank ist dafür da, dass sich Ihre Gebärmutter regeneriert und die Schwangerschaft stabilisiert wird. Trinken sie davon bitte ab heute morgens und abends jeweils einen fingerbreit, bis die Flasche leer ist. Setzen Sie den Trank nicht vorher ab, ich habe ihm ein paar aromatische Kräuter hinzugefügt, damit er bekömmlicher wird.“
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Eigentlich hatte Catherine wie alle irgendwie aus den reinblütigen Kreisen irgendwo ihren Stammheiler. Jemanden, wo die ganze Familie immer war, wenn etwas war, den man vertrauen konnte. Oft war das jemand, der immer von sich überzeugen wollte, wie viele Heilzauber und Methoden er drauf hatte und Bild mit dem Zauberstab fuchtelte. Man musste ja demonstrieren, dass man gut war. Catherine war ewig nicht mehr dort gewesen. Chipsy hatte wohl auch weniger daran gedacht erst den zu suchen und zu überreden a Weihnachten zu arbeiten, als eben den direkten Weg ins Mungos zu nehmen, wo Heiler waren, die heute Dienst hatten und somit helfen würden, ohne lange Vorsprache. Catherine war es relativ egal, solange derjenige Kompetenz hatte und endlich was gegen ihre Schmerzen tat. Diese dämliche Atemübung halt kein bisschen. Es tat immer noch so verdammt weh und Chipsy versuchte beruhigend auf sie einzureden, damit sie nicht direkt auf den armen Heiler losging, weil ihre Schmerzen nicht sofort aufhörten. Ja da war sie verwöhnt. Da hatte sie bisher immer alles so bekommen, wie sie es wollte und brauchte. Immerhin hatte sie Geld und kam aus einer einflussreichen Familie. Und Kenny hing da hinten über einen Kessel, anstatt was zu machen. Hatte man denn die Tränke nicht vorrätig? Sowas musste man doch vorrätig haben. Manche Tränke brauchten Stunden. Sie war ja kein Ass in Zaubertränke gewesen, aber selbst sie wusste das. Vielleicht sollte sie mal mit ihren Kollegen vorbeikommen und den Laden ein wenig unter die Lupe nehmen.
Als er sich wieder mit ihr beschäftigte, konnte sie nicht anders, als ihn nur misstrauisch zu beäugen. Was sollte das denn jetzt für eine merkwürdige Behandlungsweise sein? Oder gehörte er zu denen, die Jon suchten und jetzt so versuchten aus ihr Informationen zu bekommen? Oder sie war bereits eindeutig zu paranoid. Sie musste sich ein Auflachen verkneifen. Sich allen Stress von sich fernhalten. Dann sollte er zusehen, das ihr werter feiger Verlobter mal wieder auftauchte und seinen Mann stand, aber das würde er nicht können, also konnte man den Stress nicht von ihr nehmen. Genauso wie jenen, dass sie unverheiratet war und ein Kind bekam. „Na denn, nichts leichter als das.“ Kam es ironisch von ihr und Chipsy guckte schon ein wenig gequält, da sie wohl ahnte, dass es nichts werden würde. Wenn man aus ihrer oder Jons Familie zu ihr wollte, dann konnte auch die Hauselfe nichts ausrichten, da sie dann niemanden groß abweisen konnte, wenn er sich nicht einfach abwimmeln ließ, ohne dass es noch negativer auf die Rookwood abfärbte. „Ja bin ich und nein, ich bleibe nicht u Hause. Dort ist der einzige Ort zum Entspannen und Ruhe haben. Ich kann nicht nur zu Hause sitzen.“ Wehrte sie gleich eine mögliche Krankschreibung ab. Sicher waren jetzt einige Betriebe für sie tabu, aber sie brauchte was, wo sie sich vertiefen konnte und einfach mal alles andere ausblenden konnte. Freunde? Als ob sie jemals ihr ganzes Seelenleben einem ausgebreitet hatte. Jon war der erste gewesen und hatte es grandios vermasselt und sie sitzen lassen. „Okay.“ Gab sie daher nur als Antwort und nahm die Tränke an sich. Hoffentlich würden die wirklich helfen. Sie wollte endlich, dass diese Schmerzen aufhörten. Wenn die Geburt auch so schmerzhaft werden würde, würde sie Jon suchen und eigenhändig umbringen, dass er sie dabei alleine gelassen hatte.
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