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I think I'm breaking down
Kurz zuckte der junge Hufflepuff zusammen.
Er sog die Luft in seine Lungen ein und verkrampfte die Hände in die Bettdecke, auf welcher er aufrecht saß, während er sich darum bemühte, nicht noch weiter wegzuhuschen. Sich nicht noch weiter nach hinten weg zu lehnen, weil es weh tat – weil es so unfassbar weh tat und unangenehm war, dass er am Liebsten ganz woanders wäre, wie hier. Da war es ihm sogar egal, wo er war, wenn es nicht der Krankenflügel war. Er konnte die sanfte Stimme reden hören, wie sie ihm sagte, dass er nicht zurückweichen durfte und dass es darum ging, ihm zu helfen – doch obwohl er ihre Worte hören konnte, fiel es ihm schwer, diesen zu glauben. Denn es tat weh, es tat einfach nur so schrecklich weh, als sie den Verband um seine Augen wechselte, welchen er am gestrigen Abend angelegt bekommen hatte. Er konnte die kalte Salbe auf seiner Haut spüren und alleine die Hand an seinem Hinterkopf der Heilerin verhinderte, dass er sich noch weiter von ihr weglehnte, um dem Moment entfliehen zu können. Er presste die Lippen aufeinander und saß wie versteinert auf dem Bett, bis die Sache vorbei war. Sein Kopf pochte angestrengt von der Anspannung und dem wiedererwachten Schmerz, der durch den Verbandswechsel ausgelöst worden war.
Erleichtert kroch der junge Brite wieder unter seine Decke, als die Heilerin ihm sagte, dass sie fertig war und obwohl es für ihn nichts an den Lichtverhältnissen veränderte, zog er diese doch über seinen Kopf, wo er sich darunter zusammenkugelte. Er wusste nicht, wieso. Sooft war er schon gefragt worden, warum er das getan hatte und jedes Mal hatte Philian lediglich die Schultern gehoben und hilflos geschwiegen. Wenn er an den gestrigen Abend zurückdachte, dann wusste er nicht, warum er es getan hatte .. oder vielleicht doch: vielleicht wusste er es und konnte diesen Grund nur keinem sagen, denn niemand hätte es verstanden. Er hatte Angst davor, ausgelacht zu werden. Die Liebe hatte in ihrer Gesellschaft an Stellenwert eingebüßt und niemand würde tatsächlich verstehen wollen, dass auch in der Liebe der Kummer echt und schmerzhaft war – dass er einen genauso hinabreißen konnte, wie Verlust eines geliebten Menschen der verstorben war. Mit Nichten so tief und so auswegslos, doch veränderte es nichts daran, dass es sich erbarmungslos nach Fallen anfühlte. Seit über einer Woche schon taumelte Philian durch jeden einzelnen Tag. Er stolperte und fiel hin, obwohl er noch immer auf seinen Füßen stand; er wusste nicht mehr wohin und er wusste nicht, warum ihm etwas fehlte, was er doch bis vor wenigen Monaten noch gar nicht gekannt hatte. Aber es war so und er konnte nichts dagegen tun, was sein Kummer mit ihm machte.
So, wie Ian innig geliebt hatte, genauso ehrlich trauerte er auch.
Vollkommen mit seinem ganzen Herzen konnte er seinen Verlust spüren und er wurde mit jedem Schlag wieder daran erinnert. Irgendwie .. war es dann gekommen, dass er in der Bibliothek gelandet war. Wieder einmal. Bereits seit einigen Abend war er dort, um sich Heilkundebücher durchzulesen. Eines nach dem anderen. Denn seine Gedanken riefen ihm zu, dass er ein schlechter Mensch war. Dass das Ende seiner Beziehung alleine seine Schuld sein musste; dass er es vermasselt hatte und unfähig war. Wie in so vielen anderen Bereichen des Lebens auch, war Ian zu dumm um geliebt zu werden. Er verdiente es nicht einmal und irgendwie endete alles doch darin, dass er mit seiner Behinderung lebte. Jeder Gedanke hatte darin gestrandet, dass es daran liegen musste, weil er Mairwen nicht verliebt anschauen konnte oder ihren Blick hatte sehen können und weil er dadurch das eine oder andere eben falsch verstand. Es musste daran liegen, denn deswegen war er ja auch ein solcher Versager: weil er blind war und daher die perfekte Opferrolle verkörperte – dass es auch an seinem gutherzigen Charakter lag, daran, dass er naiv genug und zu friedfertig war, um jemals etwas anderes wie die perfekte Opferrolle innehaben zu können, wusste Philian nicht. Konnte er gar nicht wissen, weil er auch nicht wusste, wieso ein Mensch so und der andere eben nicht so war. Das gehörte zum Leben dazu, genauso wie es dazu gehörte, dass man den einen Menschen viele Jahre mochte und dann plötzlich liebte, obwohl man es gar nicht wollte.
Er hatte Buch um Buch gelesen und irgendwann war dort eben ein Zauber drinnen gewesen. Ian hatte gar nicht darüber nachgedacht, dass es dumm war, einem Buch zu vertrauen. Dass er damit die Fähigkeiten von ungefähr einem Dutzend Heilern in Frage stellte, die jemals mit ihm und seiner Erblindung zutun gehabt hatte. Er hatte einfach nur .. normal sein wollen. Damit Mairwen ihn liebte.
Dass dieses Vorhaben nur nach hinten losgehen konnte, war gewiss gewesen.
Aber es war eben niemand da gewesen, der ihn davon abgehalten hätte. Niemand, der gesagt hätte, dass es eine saudumme Idee war, als Blinder seine eigene Sehkraft wiederherstellen zu wollen – wenn man dazu ein Schüler von fünfzehn Jahren war, der keine wirklichen Erfahrungen mit Magie hatte. Wenigstens keine, die über das Alltagspraktische hinausgingen. Und just in dem Moment war ein unerträglicher Schmerz ausgebrochen, der sich in seinen Kopf gegraben hatte. Er hatte spüren können, wie seine Augen aufquillten und Ian hatte einfach nur geschrien, weil es weh getan hatte. Unfassbar mehr weh wie alles, was er jemals kennen gelernt hatte. Zum Glück hatte ihn die Bibliothekrain direkt gefunden und ihn in den Krankenflügel gebracht.
Wo er jetzt im Moment unter der Decke zusammengerollt lag. Die Begegnung mit seiner Schwester hatte er bereits hinter sich gebracht, die mit seinen Eltern stünde gewiss noch aus.
Einige Sekunden lag er angespannt da, während er hektische Schritte hören konnte und aufgeregte Stimmen, ähnlich wie es bei ihm gestern der Fall gewesen war: direkt in dem Bett neben ihn wurde jemand abgelegt. Er schob vorsichtig den Kopf unter der Decke hervor um besser zuhören zu können, wie die Minuten der Erstbehandlung vergingen, ehe es allmählich wieder ruhiger wurde. Ehe sie alleine gelassen wurden.
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Geschrieben von Alice Longbottom am 03.11.2016 um 20:08:
Es war kalt. Richtig kalt, aber das war ihnen völlig egal. Sie hatten das letzte Spiel knapp verloren und deswegen mussten sie jede freie Minute trainieren. Alice passte das ziemlich gut in den Kram und deswegen murrte sich auch nicht. Ihre Teamkollegin schon und sie konnte das nur mit einem Augenrollen hinnehmen. Clara hatte durchaus recht sie alle so hart ranzunehmen. Immerhin war noch nichts verloren und sie würden noch die Chance haben den Qudditchpokal zu gewinnen. So wie im letzten Jahr. Alice war stolz auf ihr Team gewesen und sie hatte sich riesig darüber gefreut das alles so glimpflich verlaufen war. Das sie letztendlich auch noch den Hauspokal in den Händen halten durften, war ein Grund zur doppelten Freude und sie hatte zusammen mit ihren Freundinnen gefeiert. Auch wenn sie schon damals sie Süßigkeiten und anderen Naschereien großzügig umgangen hatte. Wer genau hingesehen hätte wäre zu dieser Zeit schon stutzig geworden, aber Alice hatte es immer geschafft die Leute um sich herum zu täuschen. Auch jetzt nach ihrem Rückfall versuchte sie es wieder, aber leider war es ihr nicht ganz so gut gelungen und Max wusste seit kurzem Bescheid. Hätte das Mädchen sie nicht mitten in der Nacht in den Toilettenräumen erwischt würde es immer noch keiner wissen, doch Alice war eingeknickt als Max nicht aufgehört hatte drauf zu beharren das sie ihr nur etwas vormachte und deswegen hatte sie es nicht verhindern können diese in ihr Geheimnis einzuweihen. Natürlich hatte sie ihr das Versprechen abgenommen niemanden etwas zu sagen und bisher schien sie das auch einzuhalten, zumindest waren noch keine besorgten Briefe ihrer Eltern gekommen oder ihre Geschwister war auf sie zugetreten. Auch wenn ihre Befürchtung immer größer wurde das Mairwen langsam Wind davon bekam was da im Busch war. Ihre kleine Schwester war nicht mehr länger blind für ihre Sorgen und Nöten und der Vorfall in den ersten Dezemberwochen hatte die Schwestern zusammen geschweißt. Ihr Bruder war zum Glück weiterhin der blinde Idiot, den sie gewöhnt war und deswegen machte sie sich auch keine Sorgen darüber das er etwas bemerken könnte. Bei Mairwen war das eine andere Sache, aber bisher war es noch nicht dazu gekommen und Alice versuchte ihr eisern aus dem Weg zu gehen und sie trotzdem irgendwie im Auge zu behalten, damit ihr nicht wieder so etwas schlimmes passieren konnte. Sie wollte nicht das ihre Schwester noch mehr leid ertrug. Irgendwann konnte keiner mehr und auch bei Mairwen waren irgendwann die Grenzen angelangt.
Doch sie wollte nicht mehr länger darüber nachdenken. Immerhin war sie zum Training gekommen um abzuschalten und alles auszublenden. Das brauchte sie nach den schlimmen Ferien auch wirklich und deswegen wollte sie auch nicht über ihr gebrochenes Herz und ihre anderen Problem nachdenken. Diese Dinge würden sie schon früh genug wieder einholen und sie wollte die Zeit in der Luft genießen um abschalten zu können. Auch wenn es vielleicht nicht die beste Idee war heute auf den Besen zu steigen. Schon am Morgen hatte sie bemerkt wie schlecht es ihr eigentlich ging und am liebsten hätte sie sich unter ihrer Bettdecke verkrochen. Aber sie musste sich damit abfinden müssen. Die Beschwerden würden nicht besser werden und sie würde sich langsam wieder daran gewöhnen müssen. Schon vor ihrer Entführung hatte sie ständig Problem gehabt und musste sich ihre Energie genau einteilen. Um so weniger Gewicht sie auf der Waage haben würde, um so schlimmer würde es werden, aber das nahm sie gerne in Kauf um dünner zu werden. Das sie vielleicht schon bald nicht mehr am Qudditchtraining teilnehmen konnte versuchte sie zu ignorieren und das sie aufliegen würde wenn sie zu oft umkippen würde auch. Sie würde das schon alles ganz locker vertuschen können und bisher war sie immer gut darin gewesen irgendwelche lügen zu erfinden. Ob das nun nachdem die Heilerin im Krankenflügel wusste das sie an einer Essstörung gelitten hatte, schwerer werden würde wusste sie nicht genau, aber sie würde alles versuchen um weiterhin nichts essen zu müssen.
Ziemlich spät merkte sie wie alles anfing um ihre Augen zu verschwimmen, doch sie schaffte es noch irgendwie ihren Besen zu Boden zu lenken bevor sie das Bewusstsein verlor und zusammen klappt. Erst im Krankenflügel kam sie wieder zu sich. Man untersuchte sie gerade und ein kaltes Gefühl brachte sie dazu die Augen wieder aufzuschlagen. "Was ist passiert?" Fragte sie etwas irritiert an die Heilerin und schaute dabei ganz unschuldig aus. Diese erläuterte ihr die Situation und Alice spielte daraufhin alles herunter. Stressige Tage, eine leichte Grippe und ähnliches waren ihre Ausreden und nachdem sie brav aß was man ihr vorsetzte, eine warme Suppe, schien man ihr das auch abzukaufen. In ihrem Gesicht sah man noch nicht das sie abgenommen hatte und ihr Körper war noch in der dicken Qudditchkluft eingepackt. Was sie ziemlich erleichterte und alles nicht ganz so schlimm machte. Als die Heilerin dann endlich weg war schaute sie sich im Raum um. Im Bett neben ihr lag Philian und plötzlich machte sich Sorge um ihn in ihr breit. "Oh, Philian was machst du den hier?" Fragte sie ihn besorgt und schaute dabei in seine Richtung, in der Hoffnung er könnte ihre Stimme so leichter erfassen und würde wissen von welcher Seite sie kam. Ihr eigenes Problem war sofort vergessen und jetzt ging es nur noch ihren Freund. Sie wollte sich sowieso keine Gedanken um ihre Gesundheit machen. War besser es zu ignorieren und so zu tun als wäre alles okay. Sich selbst anzulügen war ihre leichteste Übung.
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Geschrieben von Philian Spinnet am 20.11.2016 um 17:56:
Manchmal verlor man.
Man verlor seine Orientierung, man verlor jenen Weg, dem man sonst immer gefolgt war und verlor die Richtung – man verlor das Licht, welches einen durch die Dunkelheit geführt hatte und manchmal, dann, wenn man so lange schon umherirrte, ging man sich selbst auch irgendwann verloren ohne, dass man groß etwas dagegen unternehmen konnte. Bisher hatte Philian nie gewusst, was Verlust wirklich bedeutete – wie paradox es auch sein mochte, wenn man ihn ansah. Jenen leeren Blick, der stets immer irgendwie an einem vorbeiglitt, der selbst dann nicht begriff, wenn er mal auf einem ruhte und eigentlich begreifen müsste, der reinen Logik nach. Denn wenn man Philian sah, konnte man davon ausgehen, dass er etwas viel Bedeutenderes bereits verloren haben musste, was für die Menschen wichtiger war wie die Liebe, die er gegeben hatte. Denn er hatte sie nur gegeben, nie auf gleiche Weise zurückbekommen, noch etwas, was dem jungen Briten genommen worden war. Und jenes Wissen wog schwerer wie einst seine Erblindung. Vielleicht konnte es kein anderer Mensch verstehen, wie es war, wenn man bereits ganz lange Zeit damit lebte, sich selbst zerfallen zu sehen. Indem man hungerte, wie Alice es getan hatte, um sich selbst hübscher zu finden und sich wohler zu fühlen. Indem man in einem ausweglosen Kampf irgendwann die Hände senkte, um nicht mehr weiter zu machen, sondern sich überrennen zu lassen – vielleicht waren jene Erfahrungen erschütternder, waren sie tiefgreifender und vor allen Dingen: sie waren einprägsamer. Niemals wieder würde Alice vergessen können, wie es gewesen war, als sie gehungert hatte. Gewiss würde der Schmerz nachlassen, welchen sie zu dieser Zeit empfand, irgendwann, wenn sie in ein paar Jahren zurücksah und sich selbst an einem ganz anderen Punkt stehen sah. Gefestigt genug, diesem Sturm stand zu halten, der damit einherging, sich selbst und seine eigene Vergangenheit aufzusuchen – bei der es mitunter eine Freude gewesen war, diese endlich zu überwinden. Der Schmerz, genauso wie jedes andere Gefühl, würde verblassen und sich der eigenen Erinnerung entziehen. Doch niemals würde Alice vergessen können, wie schlimm es gewesen sein musste, dabei ihrer Familie zu begegnen. In diesem eigenen Scheitern nicht alleine zu sein, sondern sich anderen gegenüber zu finden, die auf einen sah. Die einem zusahen. Die einen fallen sahen. Und genauso war es auch bei Philian der Fall gewesen. Die Erfahrung der Erblindung wog tiefgreifender, doch sie wog nicht unbedingt schwerer, wenngleich auch er irgendwann zurückdachte – vielleicht irgendwann noch einmal mehr wie eine Ahnung davon wiederfinden konnte, wie das Leben um ihn herum tatsächlich aussah. Wie es sich abzeichnete von seiner eigenen Vorstellung, gewonnen aus den Eindrücken, die er trotz allem sammelte. Beide würden sie von ihrer eigenen Jugend Narben davon tragen und irgendwann würden sie wissen, dass der Schmerz vorbei war und dass die Schwere durchstanden worden war. Beide waren es doch Erlebnisse, die nie selbst bestimmt oder bewusst getroffen worden waren.
Und manchmal verlor man seine eigene Gewalt, für sich und über sich entscheiden zu können. Es zu dürfen. Philian hatte sie eingebüßt, indem Mairwen ehrlich zu ihm gewesen war – indem sie ihm etwas genommen hatte, was er nicht hatte hergeben wollen und von dem er einfach naiv überzeugt gewesen war, dass es ihm und ihr gleichermaßen erhalten bleiben würde.
Gefühle. Das, was verblasste, wenn Zeit ging.
Und das, was so schrecklich brannte, wenn sie stand. Wie jetzt.
Es würde eine Zeit geben, in der es besser wurde.
Doch im Moment blieb weder Alice noch Ian irgendeine andere Möglichkeit, wie mitten durch zu gehen. Wie diesen Schmerz aushalten zu müssen. Ihren Schmerz und Druck, dass viel zu viele von ihrer Essstörung wussten und jede Hilfe ihr doch nur noch schwerer im Magen lag, denn sie würde ihre Eltern einmal mehr enttäuschen. Sie würde die Heiler enttäuschen. Alice konnte nur versagen, in jenem Kampf, welchen sie gegen sich selbst ausfocht. Und Philian stand ihr in diesem Moment in nichts nach. Wenngleich er nicht so lange schon damit zu leben hatte – denn bisher war es immer in Ordnung gewesen, zu sein, wer er war. Vielleicht hätte er sich niemals ebendieses Leben gewünscht, wenn er vorher die Wahl gehabt hätte; doch Philian war nie gefragt worden und er hatte sich auch keine Gedanken darum gemacht, was Schicksal war und was es bedeuten konnte. Denn er dachte nicht über das Große nach und nicht über das Leben an sich; vielmehr lebte er es, so gut wie ihm möglich war. Und es war ihm ziemlich gut gelungen bisher. Er hatte Akzeptanz gefunden, statt ständige Unzufriedenheit. War an einer inneren Basis gestrandet, welche er mitunter das ein oder andere Mal verlassen hatte, wenn es schwerer oder wenn es anders geworden war; doch grade seit Hogwarts besaß Philian Menschen in seinem Leben, welche ihn wieder an das sichere Land zogen. Er besaß Freunde und diese waren ihm alles wert, für jene konnte kein Preis zu hoch sein und Ian wusste, dass es auch jetzt noch der Fall war. Dass er gab für die Menschen, die er liebte.
Doch er wusste nicht mehr, wer es war. Denn Mairwen hatte ihn verlassen und Ryleigh hatte ihn geküsst ohne, dass Philian hätte sagen können, wie er alles danach jemals überwinden sollte. Ob es nicht ein noch tieferer Bruch gewesen war, trotz sie sich in dem Gespräch davor so unendlich nah gewesen waren. Denn der Schmerz wütete noch immer durch seinen Körper, auch wenn er nicht mehr so präsent war. Er war eingedämmt worden, doch erinnerte er ihn bei jedem Atemzug noch immer daran. Vielmehr: erinnerte er ihn bei jedem Fehltritt auf eine der Trickstufen wieder daran, bei jeder so vertrauten Gewohnheit, Stimmen zu hören und immer öfter dem Bewusstwerden darum, dass es dazu längst keine Gesichter mehr gab – nichts, was Philian damit noch mehr in Verbindung bringen konnte, dass diese Dunkelheit durchdringen könnte. Sie war da und bisher hatte er trotz dem er nicht sehen konnte, niemals ihre Anwesenheit gespürt. Es war immer warm gewesen, war schwer, doch niemals unmöglich erschienen. Seitdem er wieder in Hogwarts war jedoch schien er in dieser Dunkelheit zu ertrinken und zu erfrieren, denn sie war überall. Vor und hinter und neben ihm. In seinem Inneren, seinem sonst so frohlockenden und glücklichen Gemüt. Philian konnte nichts dagegen unternehmen, dass seine eigenen Gedanken ihn auffressen wollten, wenn er nichts tat. Er .. hatte es doch nur irgendwie besser machen wollen. Und vielleicht war es das erste Mal, dass er an sich alleine gedacht hatte; nur an seinen Verlust und daran, wie er ihn wiederbekommen könnte. Dieses eine Mal war kein Platz da gewesen, um sich zu fragen, was passieren konnte und was es für seine Mitmenschen bedeutete. Und er hatte dafür bezahlt. Denn sie bezahlten alle; die einen eher die anderen später und manche schon viel früher. Nur bis jetzt konnte Philian nicht die Kraft dafür aufbringen, sich einzugestehen, dass es nichts mit ihm zutun gehabt hatte. Dass Liebe unverständlich und kompliziert war und sich weder an Behinderungen noch an Persönlichkeiten aufhing, sondern alleine an Gefühlen. Denn dann wäre ihm klar geworden, dass er mit allem nichts zutun hatte.
Nicht direkt. Dass Mairwen jeden geliebt hätte, der wie er gewesen wäre. Er zur richtigen Zeit mit einem offenen Herzen und einer sanften Stimme da gewesen war.
Mairwen hatte ihn keinen einzigen Augenblick geliebt, sondern nur seine Liebe geliebt. Doch war Ian lange noch nicht gewappnet, sich dieser Erkenntnis zu stellen und er suchte verzweifelt andere Gründe.
Der naheliegenste war und blieb seine Behinderung.
Unruhig hatte er seine Finger in die Bettdecke gekrallt, weil er ansonsten wahrscheinlich den Verband aufgefrimmelt hätte. Er störte, denn er gehörte nicht dazu. Jener Sinn erschloss sich Ian zwar, doch schien er nicht wichtig genug. Weniger Schmerzen dafür das Unwohlsein – denn er hatte keinen offensichtlichen Gewinn oder Verlust davon, ob seine Augen zwar normal doch leer aussahen oder ob sie blutdurchzogen aussehen mochten. Umso mehr stolperte sein Herz ein wenig in seiner Brust, als er Alice‘ Stimme hörte und überrascht hielt er einen Moment damit inne, seine Bettdecke zwischen seinen Fingern zu zerreiben. „Alice“, murmelte er leise.
Philian hatte so viele Freunde verloren. Eigentlich hatte er seine beiden besten Freundinnen verloren und umso mehr hatte er Angst, dass es noch einmal passierte, dass Menschen sich abwandten, wie er verzweifelt war, weil er sich so fremd fühlte. Wie der Blick in den Spiegel.
„Mir .. ging es nicht so gut“, erwiderte er ausweichend. „W-was ist mit Dir? Wo bist Du verletzt?“ Denn niemand der hier war, war gesund. Philian war vielleicht noch keine Ewigkeit mit der Longbottom befreundet, doch wusste er, wie ihre Stimme klang.
Dann, wenn sie traurig war und wenn sie am Boden lag und wenn sie nicht mehr weiterkonnte.
Dann, wenn sie fröhlich war und fliegen durfte und wenn nichts sie aufhalten konnte.
Und sie klang nicht nach fliegen. „Warum geht es Dir nicht gut?“ Denn es war so unfair, dass sie beide jetzt hier waren.
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