Herzlich Willkommen im Mischief Managed. Wir sind ein RPG, das 23 Jahre nach der Schlacht um Hogwarts spielt, also zur Schulzeit von Harrys Kindern. Wir sind FSK16 gerated und haben einen über 18 Bereich. Unsere Userschaft wächst, und wir haben ein liebes Team, das sich gern um alle Wehwehchen kümmert ♥
Der Regen zieht sich bis Ende DEZEMBER noch weiter fort, doch am Morgen des 25. Dezembers lassen sich tatsächlich einige weiße Schneeflocken erhaschen, bis hin zu einem Schneesturm. Der Schnee hält bis Mitte JANUAR noch weiterhin an. Die Temperaturen sind bis dahin zwischen -5° und 1°C. Ab Ende JANUAR wird es wieder milder und die Temperaturen steigen zwischen 0° und 5°C. ...zum Kalender!
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Es war Morgen und damit die schlechteste Zeit des Tages für Aurora Morié, die viel war - aber kein Morgenmensch. So hatte auch der Wecker sie wieder einmal aus der süßen, kuscheligen Traumwelt geholt in der sie sich so wohl fühlte und nach dem dritten Läuten und dem ungeduldigen Maunzen ihres Kätzchens hatte sie sich doch unter der Daunendecke hervorgequält und sich in die fiese, kalte reale Welt hinausgewagt. Da war es natürlich schon relativ spät gewesen, wie meistens, also hatte sie ihr übliches Morgenprogramm durchgezogen: Zähneputzen mit der einen, Haare bürsten mit der anderen Hand während der Kaffee fertig wurde, dann schnell eine Hose und eines ihrer ärmellosen einfärbigen Oberteile für jeden Tag angezogen, Bluse und Blazer darüber und dann mit dem halboffenen Mantel und einem großen Becher Café au lait aus der Tür. Man könnte auch aus ihrer Wohnung direkt hinausapparieren, aber da müsste sie durch eine Schutzbarriere auf die sie am Morgen keine Lust hatte, aus dem Keller ging es besser, außerdem schadete es nicht wenn die schrecklich neugierige Nachbarin sie rausgehen sah.
Heute wollte sie keinesfalls zu spät kommen, denn Ciarán hatte versprochen, mit ihr eine Truhe anzusehen, über die sie auf Martinique gestoßen war. Wenn man sie schüttelte hörte sie sich leer an aber es ging ja auch um den Lerneffekt, also war sie sogar zehn Minuten zu früh. Wenn viel Arbeit Anstand dann konnte man sie auch durchaus eine Stunde früher antreffen, aber im Zweifelsfall nutzte sie ihren ohnehin eher begrenzten Schlaf gerne aus.
Mit einem halb gegähnten “Morgeeen” schob sich Aurora ins Büro der Fluchbrecher, stellte ihren Becher auf ihren Platz und hängte ihren Mantel auf.
Cy war im Gegensatz zu Aurora durchaus ein Morgenmensch. Allerdings hatte sich dies erst in seinem letzten Ausbildungsjahr entwickelt, als er bereits mit seinen Ausbildern im Außeneinsatz war und er dort natürlich nicht bis in die Puppen schlafen konnte, auch wenn die komfortablen magischen Zelte von Gringotts sogar Einzelzimmer mit bequemen Betten boten. Im Außendienst begann der Tag früh und endete spät und daher hatte sich Cy durch seine langjährige Tätigkeit als Fluchbrecher im Außendienst diesen Rhythmus zu eigen gemacht. Auch in den letzten Zwei Jahren, in denen er hier an den Innendienst gekettet war, stand er meist morgens früh auf, was ihm genug Zeit für die tägliche Morgentoilette und ein gutes englisches Frühstück gab, und ging relativ spät ins Bett, was aber zumeist dann variierte, wenn er abends noch unterwegs war. War er dies nicht, konnten die Abende auch schon mal kürzer werden, aber sein Freundeskreis sorgte eigentlich meistens dafür, dass er regelmäßig abends ausging. Hinzu kamen die regelmäßigen Fluchten aus seiner Wohnung, wenn ihm mal wieder die Decke auf den Kopf zu fallen und die Gedanken an Jenny ihn heimzusuchen drohten, denn auch wenn ihr Unfall nun zwei Jahre vergangen war, erschien sich doch immer noch mit erschreckender Unregelmäßigkeit in seinen Gedanken und sorgte dafür, dass er sich irgendwie anders beschäftigen musste, was in der Regel ein Besuch in irgendeiner Bar oder ein überraschendes Aufschlagen bei seinen Freunden bedeutete. Letzteres blieb aber meist die Ausnahme blieb, da er ja nicht ständig bei irgendwem vor der Haustür stehen konnte.
Heute war er wie immer bereits recht früh im Großraumbüro der Innendienstler. Der große Kaffeebecher auf seinem Schreibtisch dampfte vor sich hin, hatte er sich doch grade erst nachgefüllt, während er den Papierkram erledigte. Es war mit Abstand die lästigste Arbeit, die er erfüllen musste und er war froh, dass seine selbstschreibende Feder Agatha ihm zumindest das Schreiben selbst abnahm, aber dennoch musste er für seine Chefs, die kleinen, teilweise recht lästigen und garstigen Kobolde aus der Chefetage, regelmäßig Tätigkeitsberichte zu seinen erledigten Aufgaben aus dem Innendienst und vor allem seine Unterrichtspläne für die Newbies einreichen, was bei ihm, als man ihm dies mitgeteilt hatte, einen erstaunlich umfang- wie wortreichen Anfall im Nölen hervorgerufen hatte, der bei ihm irgendwie bis heute anhielt und immer dann einsetzte, wenn er einen aktuellen Bericht – natürlich schon aus Prinzip persönlich – bei seinem Vorgesetzten einreichte. Als Aurora den Raum betrat, schwebte die Feder konsterniert über ihrem persönlichen Notizzettel, ohne den sie bekanntlich das Schreiben konsequent verweigerte, da sie auf diesem Zettel gleichzeitig bissige Kommentare notierte, schwebte. „Dann korrigier‘s doch von dir aus, wenn‘s dir nicht gefällt“, zischte Cy mit scharfen Worten seine Feder an, die daraufhin etwas auf ihren Notizzettel kritzelte und dann wieder darüber zum schweben kam. Als der McLaggen dann aber die Stimme der Auszubildenden hörte blickte er auf, griff zu seinem Kaffeebecher und nahm einen großen Schluck des Getränks. „Oh, morgen Rory, hab dich noch gar nicht erwartet“, grüßte er die junge Frau und warf seiner Feder einen erneuten wütenden Blick zu. „Formulier es halt“, sagte er schließlich er schließlich, hörte aber nur einen Augenblick später das genervte Tippen der Feder auf ihrem Notizzettel. Cy zog daraufhin scharf die Luft an und ließ sie mit einem unterdrückten Seufzer wieder hinaus. Warum konnte diese Feder eigentlich nicht einmal tun, was man von ihr verlangte? War ja nicht so, dass er diese vollkommen überflüssigen Berichte aus purem Spaß an der Freude schrieb. Sie waren ein weiterer Teil seiner Strafe und seine Feder machte diesen Teil an jedem Morgen zu einer kleinen Tortur. „Fünf Minuten noch, ich…“, lautes, deutlich protestierendes Tippen Agathas, „… wir müssen diesen Bericht noch zu Ende schreiben. Oder zumindest den aktuellen Absatz“, sagte er schließlich wieder mit der Aufmerksamkeit auf Aurora und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Musste der Kobold hat mal ein paar Stunden warten.
Morgenmenschen waren gruselig und bewundernswert zugleich. Und für Rory komplett unverständlich. Sie hatte es schon immer beinahe anstrengend gefunden wenn ihr Dad beim Frühstück schon mit der Familie plaudern wollte. Das Problem war, dass er damit meistens nicht weit gekommen war, denn ihre Mutter war auch meistens noch halbtot am Tisch gesessen. Das eine oder andere Mal hatte Remy die allgemeine Laune gerettet und ein paar Worte mit ihm geredet, aber besonders gesprächig war keiner gewesen. Das war wohl einer der Vorteile ihrer eigenen Wohnung: Jetzt redete keiner mit ihr bis sie aus der Haustür ging und das war gut so. Es reichten schon ihre Haustiere die versorgt werden wollten. Die Beinahe-Fluchbrecherin verschaffte sich einen Überblick über ihren Schreibtisch. Es gab sicher ordentlichere, aber man fand sich zurecht. Das Auffälligste war zweifellos ihr magischer Kalenderblatt; wohl deshalb weil die oberste Zeile rot leuchtete. Das Ding war ein Geschenk ihrer Eltern gewesen, die wussten, dass sie gern einmal Termine übersah oder sich im letzten Moment daran dachte. Es war synchronisiert mit dem Kalender der Zuhause an ihrer Pinnwand hing (und auch wieder einmal nachgetragen werden sollte) und zeigte immer die nächsten fünf Termine an, tagesaktuelle in leuchtendem Rot, das man nur schwer übersehen konnte. Ein kleiner Blumentopf mit Gänseblümchen, die das ganze Jahr blühten hauchte ihrem Arbeitsplatz etwas Freundlichkeit ein, dahinter ein Foto von ihrer Familie an der Côte d'Azur. Ein paar Notizzettel von Kollegen waren über Nacht aufgetaucht, eine Ananas lag in der Mitte des Tisches und verströmte süßlichen Duft, in die Blättern steckte ein Brief, sicher von dem netten Zauberer, der ihr auf Martinique unter die Arme gegriffen hatte.
„Guten Morgen, ihr beiden.“, grüßte sie ihren Mentor und dessen Schreibfeder. Mit selbstschreibenden Federn musste man immer vorsichtig sein, Rory wollte ja nicht, dass Agatha ihren Vorgesetzten sonst was über sie aufschriebn. Die Gespräche, die der Fluchbrecher mit seiner Agatha führte unterhielten immer wieder alle Fluchbrecher in Hörweite und lockerten den Büroalltag oftmals auf, obwohl sich alle bemühten nicht zu sehr zu grinsen. „Keine Eile, dazu ist's noch viel zu früh.“ Erst einmal hinsetzen und die Notizen durchblättern, die sich angesammelt hatten. Nichts besonderes, dann steckte sie den Brief in ihre Manteltasche, den würde sie Zuhause in Ruhe lesen, das hier war immerhin Arbeit. Als nächstes landete ihr aktuelles Projekt auf der Tischfläche, dieses elendige kleine Kistchen, das sie nicht aufbekam. „Du wirst schon sehen, dich öffnen wir heute.“, brummte sie dem Ding zu. Die kleine Truhe, kaum mehr als eine Schmuckschatulle war nicht Teil ihrer Aufgabe auf Martinique gewesen, aber sie war darauf gestoßen und wollte sie jetzt auch aufbringen. Nur kam sie nicht weiter. In das dunkle Holz waren keine Runen eingraviert, nur ein simples Muster, es war nicht einmal ein Schloss davor, aber der Verschluss ging einfach nicht auf. Rory hatte es mit allem versucht, das ihr eingefallen war, sogar mit roher Gewalt (worauf hin die verdammte Schatulle sie in die Handfläche geschnitten hatte mit einem der Eisenbeschläge, auf ihrer rechten Hand klebte immer noch ein Pflaster). Das war natürlich nicht der Gipfel der Weisheit gewesen, aber selbst die Frustrationsgrenze der kleinen Morié war irgendwann erreicht. „Heute findest du seinen Meister.“
Mit einem kurzen Nicken quittierte Cy die Begrüßungen und die Kommentare der Auszubildenden, bevor sie sich wieder d en Papierblättern und nicht zuletzt seiner Schreibfeder zuwandte, die noch immer genervt auf ihren Notizzettel herumtippte. Mittlerweile war dieser von tintenblauen Punkten übersäht und Cy sah schon, dass sie gleich wieder einen neuen Zettel verlangen würde, obwohl sie diesen einfach nur aus purem Spaß am Widerstand vollgetippt hatte. „Wir machen weiter. Und denk dran, nur ein Notizzettel pro Schreibarbeit“, zischte er nun erneut, lehnte sich über den Schreibtisch und las, was er zuletzt diktiert hatte. Danach fuhr er mit langsamer Stimme und deutlich abgehackten Formulierungsversuchen fort, die von der Feder nun mit deutlich weniger Widerstand aufgenommen und abgefasst wurden. Lediglich Cy konnte allerdings sehen, dass sie nun tatsächlich selbst formulierte, obwohl sie vorher auf ihrem Notizzettel noch in ihrer gewohnt liebenswürdigen Art vermerkt hatte, dass sie nur ein ausführendes Organ war und nur nach Diktat schrieb. Dass das Unsinn war, wussten beide, denn ein Blick auf den mit Kommentaren und tintenblauen Punkten übersäten Notizzettel bewiesen, dass sie eben auch dann schrieb, wenn ihr irgendwas nicht gefiel oder wenn sie einfach nur das dringende Bedürfnisse hatte, ich zu piesacken. Das konnte die Feder nämlich ganz hervorragend aus mittlerweile über zehnjährigem Training. Zwar gab Cy auch kräftig zurück, doch hatte die Feder kein Talent dafür, solche Sticheleien zu tolerieren, das würde der McLaggen ihr aber auch noch beibringen, denn in diesem Job musste man auch einfach einstecken lernen, dass hatte Cy in den letzten Jahren am eigenen Leib erfahren. Und so nahm der Text langsam Formen an und nun klappt es auch plötzlich, dass mal mehr als ein Absatz drin war und Cy sich nur noch ein paar hundert anstatt gefühlt zigtausend Mal das Tippen der Feder über sich ergehen lassen musste. Zum Glück hatte Aurora aber ja auch noch an ihrem eigenen Schreibtisch zu tun, sodass es schließlich gut fünfzehn Minuten dauerte, bis Cy schließlich aufstand, die letzten paar Seiten auf den Stapel legte und ihn schließlich mit der Hauspost nach oben zum Abteilungsleiter sandte.
Mit einem erleichterten Seufzen ging er dann zum Schreibtisch der Auszubildenden, klopfte ihr auf die Schulter und gab ihr mit einem Winken von Zeige- und Mittelfinger zu verstehen, dass sie ihm folgen sollte. Am Tag zuvor, hatte sie ihm eine kurze Einführung zu dem Gegenstand gegeben, den sie nun untersuchen sollten und er würde es sicherlich nicht riskieren einen womöglich mit schwarzer Magie behafteten Gegenstand im Großraumbüro der Fluchbrecher zu öffnen. Es wäre zwar sicher ein großer Spaß, das Ding mal ordentlich zu verwüsten, aber dafür gab es ja in der Zukunft noch genug Möglichkeiten. Zudem stand er ja immer noch unter verschärfter Beobachtung und da konnte er es sich ohnehin nicht leisten, das Großraumbüro der Fluchbrecher in die Luft zu jagen, zudem noch mit einer Auszubildenden im zweiten Jahr. Auf dem Weg zum Untersuchungsraum gab es noch ein wenig Small Talk. „Mit wem warst du in Martinique? Es ist ja sonst eher ungewöhnlich, dass ihr rausgeschickt werdet.“ Er war damals erst im dritten Jahr auf Expeditionen geschickt worden, aber es gab auch Kollegen, die begabte Newbies schon im zweiten Jahr mitnahmen. Letztlich hing es halt immer vom Expeditionsleiter und dem Charakter des Außeneinsatzes ab, so würde selbst er keine Newbies aus dem zweiten Jahr mitnehmen, wenn die Chance groß war, dass sie es mit lebensgefährlicher schwarzer Magie oder irgendwelchen garstigen magischen Wesen zu tun bekamen, die normalerweise nicht viel Aufmerksamkeit während der Ausbildung bekamen.
Nach wenigen Minuten waren sie in dem Untersuchungsraum angekommen, ein Raum mit weißen Wänden, in einer von ihnen ein dickes Beobachtungsglas für Newbies aus dem ersten Jahr oder die Abteilungsleiterkobolde, für die extra eine Erhöhung vor dem Fenster abgebracht war. Natürlich waren die Wände, wie auch das Fenster mit extrem starken Schutzzaubern versehen, dass keiner der hier im Raum losgelassenen oder entstehenden Zauber oder was sonst durch die Gegenstände ausgelöst oder freigelassen wurde nach außen dringen konnten. „So, dann wollen wir mal loslegen“, sagte Cy mit einem von Vorfreude erfülltem Gesicht, denn die Kiste gab ihm mal wieder die Möglichkeit, die Quintessenz seines Jobs und ein bisschen Spannung aus der Außenwelt von Gringotts zu erleben und deutete auf den stabilen hölzernen Tisch, auf dem Aurora ihre Kiste abstellen konnte. Währenddessen zückte er seinen Ahornzauberstab und Agatha, die ihnen in den Raum nachgeschwebt war, nahm ihren Platz zum Protokollieren ein. „Aber vorweg fasst du mir bitte zusammen was du im Einklang mit den Regeln unseres Handwerks bereits mit der Kiste versucht hast.“ Sie war ja schließlich noch in der Ausbildung, da konnte er auch mal ein bisschen Wissen abfragen, dass sowieso zum Zentrum der operativen Arbeit gehörte.
Natürlich öffneten sie dieses verdammte Kistchen nicht hier drinnen, das war mitunter gefährlich, aber nachdem es solange in Ruhe gelassen recht still und nett war, hatte Rory keine Sorgen gehabt, es in der untersten, magisch vergrößerten Lade ihres Schreibtischs zu verwahren. Den Zauberstab hatte sie wie immer im Ärmel ihres Blazers verwahrt, ihre besondere Aufgabe klemmte die angehende Fluchbrecherin unter den Arm und folgte ihrem Ausbilder. Sie war wirklich gespannt, was dem noch einfiel. „Mit Thomas Langdon.“, antwortete sie auf die Frage nach ihrem kleinen beruflichen Ausflug. „Ich war ehrlich gesagt auch überrascht, aber ich bin schnell auf den einfachen Grund gestoßen: Die Sprache. Auf Martinique sprechen die Leute französisch und nachdem das meine zweite Muttersprache ist, war ich schlicht praktisch.“ Die Leute waren einfach viel zugänglicher, wenn man in ihrer eigenen Sprache sprach und sie nicht gezwungen waren, in ihrem akzentdurchsetzten Englisch erklären mussten, was sie brauchten. Und diese Taktik hatte ja so gut funktioniert, dass Aurora sogar Ananas bekam, also wer auch immer sich diesen Geniestreich ausgedacht hatte konnte sich auf die Schulter klopfen. Und natürlich hatte sich Rory nicht gewehrt, wenn man im November ans Meer konnte, dann genoss man das (auch wenn zum Plantschen nur wenig Zeit geblieben war).
Dieser Raum hatte schon den einen oder anderen Fluchbrecher zur Verzweiflung gebracht; also nicht der Raum an sich, aber was man hier drin alles versuchte. Am Anfang ihrer Ausbildung hatte sie selbst oft hinter der magischen Glasscheibe gestanden, auf die Zehen gestellt und ihr Bestes gegeben alles zu sehen. Dier Ehrgeiz machte es sich wahrscheinlich einfacher, das Wissen in ihren Kopf zu bringen und dort auch abzuspeichern. Aurora stellte die verdammte Schmuckschatulle ab und seufzte. Am Liebsten hätte sie „alles“ geantwortet, aber aus Erfahrung wusste sie, dass das keine akzeptable Antwort war, also verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Ich habe versucht, dem verfluchten Ding irgendwelche verborgenen Schriftzeichen oder Runen zu entlocken; Fehlanzeige. Also wer auch hier gearbeitet hat war gut, ein Muggel würde nie darauf kommen, dass es sich hier um etwas Magisches handelt; wenn man jetzt davon absieht, das man die Schatulle nicht aufbekommen.“ Zwar waren die Gesetze zur Geheimhaltung der Magie noch nicht so alt, aber es war sicher auch lästig, wenn man einen geliebten Wohnsitz aufgeben musst, nur weil die Umgebung einen für eine Hexe oder einen Hexenmeister hielt und verbrennen wollte. „Am Anfang habe ich natürlich die Standard-Flüchen probiert, um meinem Projekt hier sein Geheimnis zu entlocken. Dann habe ich es mit Hitze versucht... bis mir aufgefallen ist, dass es auf Martinique öfter mal heiß ist... dann mit Kälte. Feuer und Eis, Wasser in meiner Verzweiflung. Fehlanzeige. Dann wollte ich es noch einmal mit Gewalt versuchen... und dann hat mich einer der Eisenbeschläge geschnitten.“ Das war die Zusammenfassung ihrer erfolglosen Bemühungen inklusive dem etwas peinlichen Eingeständnis, dass sie einen Anfängerfehler gemacht hatte. Gewalt war selten eine gute Idee. Abschluss war noch ein Schulterzucken, etwas ratlos.
„Ah, Tom Langdon, ist der nicht normalerweise eher in Frankreich und Italien unterwegs?“ Mit seinen mittlerweile fast 17 Jahren Firmenzugehörigkeit gehörte Cy ja auch schon irgendwie zu den alten Hasen des Geschäfts und da der durchschnittliche Fluchbrecher ja auch eher eine unterdurchschnittliche Lebenserwartung hatte auch schon zu den dienstälteren Kollegen. Daher kannte er natürlich auch den Großteil der Kollegen und deren Spezialitäten und Fachgebiete. Er selbst hatte sich ja nach seiner Ausbildung in der Ritualmagie und galt da auch als einer der wenigen Experten bei Gringotts. Allerdings kam dies ohnehin nur zum Tragen, wenn irgendwer irgendwo mit vermeintlicher Ritualmagie zu tun bekam und zumindest hier in England war diese ja nun kaum verbreitet. Hier im Untersuchungsraum würde das aber eh nicht von Bedeutung sein, denn auch wenn das Kästchen aus Martinique kam, rechnete der McLaggen nicht damit, dass sich da irgendwer die Mühe gemacht hatte, es mit einem ritualmagischen Schutz zu versehen, wobei er es am Ende allerdings auch nicht ausschließen wollte. Wohin dieses Kästchen sie auch immer führen würde, Cy ging davon aus, dass Aurora hier wieder etwas lernen konnte, zumal sie hier ja auch eine Grundaufgabe des Fluchbrecherhandwerks vollzogen, nämlich die Öffnung magischverschlossener Gegenstände, um ihnen ihr Geheimnis zu entlocken.
Aufmerksam hörte er daher der Auszubildenden zu, merkte aber recht schnell, woran ihre Ausführungen krankten, denn irgendwie wirkten sie ziemlich unsortiert. „Regel Nummer 1, Rory. Es kommt immer aufs Detail an. Wenn du solche Aufbewahrungsgegenstände hast, musst du immer strukturiert vorgehen, sonst verlierst du den Überblick darüber, was du schon gemacht hast.“ Selbst als ehemaliger Gryffindor lernte man schnell, dass die Öffnung von Truhen, Kästchen oder ähnlichem eine Wissenschaft für sich war, die besonders dann unmöglich wurde, wenn man keinen Überblick darüber hatte, was man bereits versucht hatte. Die Ausführungen der Auszubildenden umfassten daher zwar die typischen Schritte, wirkten aber eher unstrukturiert und ziellos. „Also gut, wir fangen ja immer mit der Außenbeschreibung an. Also, Agatha bitte, wir haben hier ein Kästchen, Ausmaße…“ Mit einem Wink des Zauberstabs ließ er von einem der Tisch ein Maßband heranschweben, dass die Maße des Kästchens nahm „… 8 mal 4 mal 2 Zoll.“ Schon schwebte das Maßband wieder fort und mit einem weiteren Zauberstabwisch hob nun das Kästchen vom Tisch ab und schwebte etwa auf Augenhöhe der Fluchbrecher in der Luft. „Material: dunkelbraunes Holz. Zu sehen sind ein simples Muster, das die gesamte Kiste umgibt, keine Runen, kein Schloss von außen zu sehen.“ Langsam ließ er die Schatulle wieder auf den Tisch nieder und legte nun den Kopf schief. „Du hast ernsthaft versucht, es mit purer Muskelkraft zu öffnen? Mutig, Rory, und natürlich hat es sich auch just in diesem Moment gewehrt. Agatha! Magische Verschließung mit selbstständiger reaktiver Verteidigung.“ Dann schaute er aber doch ein wenig besorgt zu Aurora hinüber. „Wie schlimm war die Verletzung? Du weißt ja, dass wir unten im Keller auch einen Heiler für magische Verletzungen haben?“, erkundigte er sich und gab damit auch gleich zu verstehen, dass sie mit magisch herbeigeführten Verletzungen nicht spaßen sollte. Grade in der schwarzen Magie waren Gifte weitverbreitet und letztlich konnte jeder die Eisenbeschläge mit einem selbstgebrauten Gift präparieren.
„Ja, genau der. Ich schätze mal sie haben die von uns zusammengekramt, die die lokale Sprache sprechen. Die Leute sind so einfach zugänglicher.“ Thomas hatte viele Geschichten zu erzählen gehabt, das war durchaus spannend gewesen, sie hörte gern von den Erfahrungen anderer Fluchbrecher, da konnte man viel lernen. Rory kannte noch weit nicht alle Kollegen, immerhin waren die meisten Personen ihrer Zunft viel unterwegs und da sie in der Ausbildung eben noch weit nicht so viel in der Welt herumkam, gerade nicht mit allen anderen, wenn schon eher mit seinem Mentor. Wahrscheinlich handelte es sich hier wirklich um einen Fall für Anfänger, aber sie hatte noch nie alleine etwas bearbeitet, so ganz ohne Anleitung. Umso mehr hatte sie ja gehofft, diese dämliche Schatulle alleine aufzubringen. Aber nein, das war ihr nicht vergönnt. Das war natürlich an sich keine Schande, immerhin lernte sie noch und unter Anleitung hatte sie schon auch schon einiges geschafft. Das versuchte sie zumindest, sich immer wieder vor Augen zu halten.
Die Finger ineinander auf Höhe der Rippen verschränkt beobachtete Aurora, wie es weiterging. Cy maß ihr kleines Projekt ab, wobei er natürlich den Vorteil von Agatha hatte, die ihm das Mitschreiben abnahm. So eine selbstschreibende Feder hätte sie sich auch zulegen können, aber irgendwie war ihr das dann doch zu viel Eigenleben, also musste sie ihre Notizen selbst machen. Oder sich einiges merken, aber es stimmte schon, besser sie schrieb mit. Unstrukturiert könnte man durchaus nennen, was sie da tat, Struktur war noch nie ihre Stärke gewesen, Rory war eher ein instinktiver Typ, aber sie nahm sich vor, das in Zukunft zu ändern, nun wo Ciarán sie schon so deutlich drauf hingewiesen hatte... „Mutig.“, wiederholte sie leise und schüttelte leicht den Kopf. „Nennen wir das Kind beim Namen, es war dämlich.“ Und nicht ungefährlich, rückblickend betrachtet war ihr das auch klar, aber in der Hitze des Gefechts konnte man das auch Mal vergessen. Mit einem Schulterzucken betrachtete die junge Frau ihre Rechte, das Pflaster auf der Handfläche. „Nicht so schlimm, es hat wirklich nur geschnitten. Wahrscheinlich, um neugierige Bedienstete fernzuhalten.“ Sie hatten es ja auch aus dem magisch versiegelten Kellersystem eines verfallenen Herrenhauses geholt. Aber es war ihr nichts schlimmes passiert, es waren keinerlei Zeichen für eine Vergiftung aufgetreten, also würde der Schnitt in ein paar Tagen fast verschwunden sein.
„Es ist mir von oben verboten worden, meine Auszubildenden zu beleidigen, aber wenn du es schon sagst, ja, es war saudämlich.“ Cy blickte die junge Hexe kritisch an, zuckte dann aber mit den Schultern. Offensichtlich hatte sie ja schon zu einem frühen Zeitpunkt festgestellt, dass die Kiste irgendwie magisch geschützt wurde und es gehörte doch einfach zu den ersten Lektionen der Ausbildung, dass magisch verschlossene Objekte immer irgendwie auf physische Gewalt reagierten und meist waren sie nicht zimperlich dabei. Er erinnerte sich noch lebhaft daran, wie er versucht hatte, den magischen Türknauf vor dem Ravenclawgemeinschaftsraum zu überlisten, um Jenny sehen zu können, nur um von diesem mit einem Ganzkörperklammerfluch außer Gefecht gesetzt zu werden. Zum Glück hatte er nicht lange warten müssen, bis Jenny herauskam und ihn von dem Fluch befreite. Aurora hatte dementsprechend noch Glüch gehabt, dass sie nur eine einfache Schnittwunde davongetragen hatte, bei einer schwarzmagischen Verschließung wären die Konsequenzen wahrscheinlich schlimmer, wenn nicht sogar lebensgefährlich gewesen. „Geh einfach beim nächsten Mal systematisch an solche Sachen ran oder hol dir direkt Hilfe. Und wenn du mal fertige Fluchbrecherin bist, solltest du dir immer bewusstmachen, dass wir hier keinen Einhorngeburtstag feiern. Ein Fehler und deine Eltern haben die längste Zeit eine Tochter gehabt.“ So, genug der Standpauke, zumindest für den McLaggen. Eigentlich mochte er solche Ansprachen ja selber nicht, aber grade die angehenden Fluchbrecher brauchten ganz offensichtlich regelmäßig mal eine ordentliche verbale Kopfnuss, damit sie lernten, dass das hier nicht nur Spaß war, sondern vor allen tödlicher Ernst.
Dann jedoch wandte er sich wieder der Kiste zu und beäugte sie von allen Seiten. Ein so unauffälliges kleines Ding beherbergte immer irgendwas, denn je unauffälliger das Behältnis, desto wertvoller der Inhalt. Schon in den Muggellegenden zeigte sich doch immer, dass meist die schmuddeligen Truhen den größten Schatz enthielten. Jenny hatte ihm hierzu einmal von dem Theaterstück ‚Der Kaufmann von Venedig‘ erzählt, in der die Protagonisten die Wahl zwischen einer goldenen, einer silbernen und einer bleiernen Truhe hatte und natürlich war die bleierne Truhe dir richtige Wahl. Und war nicht auch der sogenannte Heilige Gral, dem manche Muggel magische Fähigkeiten zurechneten, ein einfacher Holzbecher und kein goldener mit Edelsteinen besetzter Pokal? „Nun gut, ich hoffe, das ist angekommen, dann machen wir doch mal weiter.“ Cy richtete den Zauberstab auf die Truhe und sagte: „Alohomora!“ Er benutzt den Spruch, damit Aurora sah, welche Sprüche er verwandte und Agatha dies zugleich notieren konnte. Kaum eine Sekunde später knackte die Kiste und um Cys Mundwinkeln bildete sich ein Grinsen, als auch schon ein zweites Knacken zu hören war. „Clever!“, kommentierte er dies und versuchte erst gar nicht, die Truhe zu öffnen. „Reaktiver, automatischer Verschließungszauber auf den Versuch der magischen Öffnung“, fuhr er dann fort. Bevor er einmal um den Tisch herumging. „Schau doch mal, ob du irgendwelche Runen oder sonstige Schriftzeichen magisch sichtbar machen kannst“, schlug er der jungen Hexe vor und beobachtete danach, wie sie vorging.
„Es gibt da eine richtige Weisung?“, fragte Aurora nach und versuchte, nicht zu geknickt dreinzusehen.. erfolglos. Sie kam sich vor wie ein kleines Mädchen, das gerade von den Eltern gescholten wurde. Er hatte ja Recht, darüber musste sie nicht einmal nachdenken; natürlich hatte Cy recht. Wenn sie nicht aufpasste, dann war ein Finger schnell weg; oder sogar die ganze Aurora. Das wollte sie ihrer Familie natürlich nicht antun, auch wenn sie als Fluchbrecherin vielleicht einen Hauch sicherer war als mit ihrem ehemaligen Traumberuf als Aurorin. Ungefährlich war beides nicht. „Ja ich weiß ja.. da ist das Temperament mit mir durchgegangen, ich gelobe hiermit Besserung.“ Bisher war es immer gutgegangen, da wurde man unvorsichtig, aber sie würde sich bessern. Zumindest machte ihr Ausbildner nicht auf moralisch und perfekt. Er hatte sie darauf hingewiesen, das sie vorsichtiger sein musste, Rory nahm es auf und wollte sich wirklich bemühen. Nicht nur, um ihre Hand zu behalten und das Leben an dem sie zugegebenermaßen doch hing, sondern auch weil die Ausbildung ja nicht ewig dauerte und sie wollte ja auch eine vollwertige Fluchbrecherin werden.
Natürlich, mit Alohomora hatte es Rory auch schon versucht; das war immer so ziemlich das erste, aber sie wollte ja lernen, wie man strukturiert vorging, also unterbrach sie Cy nicht. Auf Aufforderung zog sie mit der Linken ihren Zauberstab aus dem Ärmel ihres Blazers und räusperte sich. „Agatha, du wärst so lieb?“, ersuchte sie zur Sicherheit noch die selbstschreibende Feder. Natürlich war es Agathas Aufgabe, aber mittlerweile kannte sie das Eigenleben und hielt es für schlauer, lieb zu fragen. Die junge Hexe tippte dreimal mit der Spitze ihres Zauberstabes gegen die Schatulle. „Aparecium.“ Ein Zauber, um unsichtbare Schrift oder ähnliches erscheinen zu lassen, aber wie schon bei ihrem letzten Versuch passierte... nichts. Die Verzierungen schienen kurz zu schimmern, aber sonst Fehlanzeige. „Flagrante.“ Auch hier erwartete sie kein Ergebnis, aber für die Aufzeichnung konnte es nicht schaden, wenn sie die kleine Flamme über den Deckel tanzen ließ, aber auch die Hitze entlockte den Mustern keine Geheimnisse. So ging es weiter. Rory überzog ihr Opfer mit einer Eisschicht; auf Martinique war es ja heiß, Hitze schien da nicht zwingend logisch, sie ließ Wasser darauf sprudeln alles ohne Erfolg. So probierte sie ein wenig vor sich hin, von Agatha dokumentiert, bis sie alles wiederholt hatte, was ihr schon eingefallen war. Mit einem Schulterzucken ließ die junge Frau den Zauberstab wieder sinken, fuhr sich mit der freien rechten Hand durch das schulterlange Haar. „...tja....ich bin mit meinem Latein am Ende. Es... passiert einfach nichts.“
Letztlich stieg in Cy dann doch wieder das Lachen hoch, als Aurora danach fragte, ob es dazu eine offizielle Weisung gab. Die gab es zwar nicht, aber die Kobolde achteten schon ganz genau darauf, dass sich die Beschwerden über ihre Ausbilder häuften, ganz besonders wenn sie ohnehin wie Cy auf der Abschussliste ganz oben standen. „Natürlich gibt es keine Weisung, aber die Oberkobolde mögen keine Beschwerden auf ihrem Tisch“, sagte er augenzwinkernd. Das Verbot umfasste natürlich nur Dinge, die zu weit gingen und nicht mit irgendeinem Ausbildungsinteresse begründet werden konnten. Die regelmäßigen Schleim-, Staub- oder Explosionsfallen in der Ausbildung waren noch in Ordnung und die Ausbilder, Cy eingeschlossen, ließen sich auch immer etwas neues einfallen, wenn es darum ging, den Auszubildenden zu zeigen, dass Zeit manchmal alles war. Da hatten die jungen Leute meist sogar schon Glück, wenn sie wussten, dass etwas kam, auch wenn sie nicht wussten was nun eigentlich kam. Viel gemeiner waren jene Fallen, die mit einem Timer versehen waren, ohne dass die Auszubildenden darüber informiert wurden, denn dann traf sie die Bestrafung bei zu langsamer Arbeit umso härter. Allerdings lernten sie dabei auch gleich, dass sie nie wussten, womit sie es zu tun bekamen, wenn sie sich an einem Gegenstand versuchten oder eine neue Expedition zu starten, denn die zumeist eher recht spärlichen Informationen, die sie hatten, reichten vielleicht grade mal für eine erste Spur aus. Alles andere mussten sie selbst herausfinden, sei es durch Deduktion oder einfach durch ein konsequent durchgeführtes Trial-and-Error-Verfahren. Manchmal hatten sie dafür ewig Zeit, oft genug mussten sie aber auch unter Zeitdruck arbeiten und dabei zugleich effizient genug sein, keine Fehler zu machen. Denn es ging ja nicht nur darum, das jeweilige Rätsel zu lösen, sie mussten auch am Leben bleiben und grade in ihrem Job konnte ein Fehler gerne mal dazu fühen, dass man freundlicherweise von einem messerscharfen Beil begrüßt wurde, das genau auf deren Stirn zuflog. Gerne wurden auch Drachen, Trolle oder sonstige magische Wesen genommen, die Fehler ebenso nicht verziehen, wie eine durch die Gegen fliegendes Beil.
Solange dies bei der Auszubildenden angekommen, war zumindest für den McLaggen genug der Strafpredigten. Da jedoch die ersten Zauber auf die Kiste keine Wirkung zeigten, ebenso wie die Markierungszauber von Aurora allesamt ohne Erfolg blieben, was Cy auch genauso von Agatha notieren ließ, mussten sie wohl ein paar Schritte weitergehen. „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass wir bei der Truhe mit Gewalt weiterkommen. Dennoch möchte ich ein paar Flüche ausprobieren, tritt aber zur Sicherheit ein paar Schritte zurück“, sagte der ältere Fluchbrecher, richtete den Zauberstab auf die Kiste, setzte einen ersten Gesichtsausdruck auf und begann dann mit den ersten Flüchen: „Incendio!“ Ein kleines Feuer brach auf der Truhe aus, doch blieb diese komplett ungerührt an ihrem Platz liegen. Nicht geschah. „Aguamenti!“ Das Feuer wurde gelöscht und Wasser floss die Kiste herab, doch immer noch passierte nichts. „Diffindo!“ Sein Zauberstab vollzog eine ruckartige Bewegung, ein Kratzen war zu hören, die Truhe sprang in die Luft und versuchte erneut einen unsichtbaren Angreifer zu schneiden. „Reducto!“ Ein roter Strahl verließ seinen Zauberstab, prallte auf die Truhe, die nun noch aufgeregter in die Luft sprang und versuchte jemanden zu schneiden, den sie nicht fand, aber dennoch einige Zeit brauchte, bis sie sich wieder beruhigt hatte. „Wirksamer, allumfassender Schildzauber verbunden mit physischen Abwehrmechanismen“, kommentierte Cy nun erneut in die Richtung seiner Feder, die auch dies notierte. Cy hingegen blickte nachdenklich auf das kleine Kästchen, dass nun wieder ruhig auf dem Tisch lag, als wäre nichts passiert.
„Keine Sorge, ich gehe nicht petzen – ich regle so was selbst.“ Aus dem Alter, jemanden anzuschwärzen war Rory schon eine Weile raus fand sie. Und das obwohl sie schon mehr als einmal Opfer von jenen berüchtigten Fallen geworden war, von denen sie lernen sollten. Die wohl wichtigste Lehre daraus blieb, dass man hier immer eine zweite Garnitur Kleider dabei haben sollte, wenn man nicht den Rest des Tages staubig, schleimig oder leicht angekokelt herumlaufen wollte. Das war nicht nur unangenehm, man machte sich auch nicht besonders beliebt bei Kollegen und den Reinigungskräften, wenn man von einer Staubwolke umringt war (die wie sie vermutete etwas mehr staubte als normal) oder eine Schleimspur zog wenn man durch Gringotts ging. Alleine deshalb lagen immer ein paar frische, saubere Sachen einer kleinen Tasche unter ihrem Schreibtisch. Zwar war das an diesem Punkt ihrer Ausbildung nicht mehr so oft nötig wie ganz am Anfang, aber es war wie ein Regenschirm, den man herumliegen hatte – besser für die innere Ruhe. Und so lästig es war, einfach von einer Falle überrascht zu werden, es schadete wirklich nicht, man wurde deutlich vorsichtiger und mittlerweile beherrschte sie auch den einen oder anderen Schildzauber im Schlaf, damit konnte man sich manches Mal noch retten bevor die lehrreiche Gemeinheit einen einhüllte.
Auf Aufforderung trag sie gleich ein paar Schritte zurück, verschränkte die Arme vor ihrem Körper und betrachtete aufmerksam, was ihr Ausbilder noch so im petto hatte. Er machte den Job immerhin schon eine Weile und war nicht nur noch am Leben sondern auch noch vollständig erhalten, offenbar wusste er also was er zu tun hatte... und scheiterte trotzdem. Die kleine Truhe allerdings kam grade erst so richtig in Fahrt, je mehr sie versuchten sie zu öffnen, desto mehr drehte sie auf. Das Ding war verdammt wehrhaft für eine Schatulle, die schon einige Jahre in einem alten Keller herumgelegen hatte. Kurz überlegte sich Aurora, ob der Zauber so gedacht gewesen war, ob sich der Zauber sich über die Zeit verselbstständigt hatte... oder vielleicht irgendwann noch schlimmer hätte sein sollen? Sich vielleicht mit Schneiden gegen Muggel-Bedienstete zu wehren war eines, diese Reaktionen erschienen ihr schon konkret gegen magische Öffnungsversuche gerichtet. Dann war es wieder vorbei und ihr kleines Projekt lag wieder trügerisch friedlich auf dem Tisch. „...und jetzt?“, erkundigte sie sich vorsichtig. Wenn sich irgendein Hinweis zeigen würde, dann könnte man ja doch irgendwo anfangen, aber so waren sie im Endeffekt genau so schlau wie noch vorher (wenn man jeder davon absah, dass sie wussten, was nicht ging). Etwas fragend sah sie ihren Ausbildner an, biss sich auf die Unterlippe.
Der Blick des Fluchbrechers lag auf der Truhe, die nun wieder ruhig auf dem Tisch lang. Langsam ließ er seinen Zauberstab sinken, denn er würde hier wahrscheinlich nicht mehr helfen. Öffnungszauber funktionierten nicht, Markierungs- und Sichtbarmachungszauber zeitigten keine Ergebnisse und sogar handfeste Offensivflüche schienen einfach so an der Truhe abzuprallen. Natürlich konnte Cy die Stärke seiner Flüche steigern, könnte einen Explosionsfluch nach den anderen auf die Kiste jagen, um herauszufinden, wie stark der Schildzauber war, der auf der Schatulle, und ob er doch irgendwie überwunden werden konnte, wenn man ihn nur mit möglichst heftigen Zaubern und Flüchen konfrontierte. Das war allerdings nicht der Stil des Fluchbrechers. Es gab genug Kollegen, die immer mal wieder mit kruder Gewalt versuchten, ihr Ziel zu erreichen, aber für den McLaggen war dies eher der schlechtere Weg, er wollte ja das Kästchen nicht zerstören – und erst recht nicht das Innere des Gebäudes gleich mit in die Luft jagen, wenn ein Fluch zwar stark genug war, um den Schildzauber auf der Kiste zu durchbrechen, aber dadurch auch die Schildzauber um den Raum angriffen. Denn auch wenn sie schon sehr stark und nachhaltig hochgezogen worden waren, waren sich doch auch nicht undurchdringbar, allerdings sicher kurz davor. Allerdings gab es auch Gegenstände, die einzig per Gewalt geöffnet werden konnten, doch sagte Cys Instinkt, dass die Kiste nicht dazugehörte. Irgendwer wollte sie öffnen, irgendwann mal und dafür wollte er diese sicherlich nicht jedes Mal in die Luft jagen müssen. Erneut ging er nun um die Kiste herum, ließ sie erneut schweben und schaute sich besonders den unteren Teil an, ob ihm dort noch was entgangen war, ließ sie dann aber wieder herunter, da er nichts fand. „Wir könnten jetzt weitermachen und die Kiste mit Explosionszaubern malträtieren. Aber warum sollten wir das nicht tun?“, stellte er auch gleich nochmal die junge Fluchbrecherin auf die Probe, ob aufgepasst hatte.
Währenddessen dachte Cy weiter nach und ließ dabei die Kiste nicht aus den Augen. Zauber und Flüche wirkten also nicht. Gut. Vielleicht mussten sie ja zu einer viel natürlicheren, elementaren Magie zurückkehren, anstatt es hier mit weitführenden Zauber zu versuchen, die der Truhe wohl nicht mal einen Kratzer zufügten. Was gab es dabei für Möglichkeiten? Auf Körperkontakt hatte die Kiste bereits negativ reagiert, ein einfaches Handauflegen würde also wahrscheinlich nur wieder dazu führen, dass die Kiste ins Fleisch schnitt, Feuer und Wasser hatten sie auch ausgeschlossen. „Vielleicht Töne…“ murmelte der McLaggen, schwenkte den Zauberstab und ließ mit diesem ein Art Gläserklingen ertönen, gefolgt von ein paar Glockenschlägen. Es folgten ein paar Tonfrequenzen, er begann mit hohen Tönen und stieg dann langsam die Tonleiter hinab, doch selbst an er bei den ganzen tiefen Tönen angekommen war, die das menschliche Ohr kaum noch wahrnehmen konnte, tat sich nichts. „Kleines widerspenstiges Ding“, kam es ihm über die Lippen, „das hast du uns ja eine ganz schön harte Nuss mitgebracht, Rory.“ Sein Nicken war anerkennend, denn es war mal wieder ein Gegenstand der ihn und sein Können forderte. „Hast du mal mit der Kiste gesprochen? Also nicht über sie, sondern so richtig, mit ihr?“ Fragend blickte er zu der jungen Frau hinüber. Irgendwas musste es ja sein und irgendwie war die Sprache doch eine schöne Möglichkeit, zumal die Kiste wahrscheinlich nur einfach wieder so ein divenhaftes Objekt war, wie seine Feder und schlicht Respekt einforderte.
Da standen sie also, Cy, Agatha, Aurora und natürlich diese verfluchte Kiste, die ihr Thomas Langdon mit einem Schulterzucken überlassen hatte, als sie darum bat. Wahrscheinlich würde er jetzt schmunzeln, hätte er eine Ahnung davon, wie sehr das Ding sie plagte. Oder noch wahrscheinlicher würde er sich der illustren magischen Runden anschließen und mit ihnen grübeln. Nachdem sie bisher kläglich gescheitert war, bekam die auszubildende Fluchbrecherin nun doch noch eine Gelegenheit zumindest ein bisschen zu glänzen. „Weil wir weder uns noch das Kistchen in Schutt und Asche verwandeln wollen.“, antwortete sie. „Außerdem sieht sie nicht so aus, als hätte sie schon mal jemand gesprengt. Das wäre doch recht ineffektiv, wenn man jedes Mal eine neue Truhe kaufen muss. Außerdem schien sie mir eher wie zufällig dort abgestellt.. so als hätten ihre Besitzer keine Zeit mehr gehabt sie mitzunehmen.“ Mit einer gewaltigen Staubsicht darauf. Vielleicht war der Staub auch ein Zeichen dafür gewesen, dass schon andere daran gescheitert waren. Kurz überlegte Rory, ob das überhaupt nur ein Ablenkungsmanöver gewesen war und der Staub vielleicht dazugehört hatte. Das wäre eigentlich genial. Aber dann wäre sie oben im Haus zu besseren Zeiten aufgefallen – und jedes Mal unbrauchbar geworden nach dem Öffnen. Einen Augenblick lang überlegte sie, Kapitulation vorzuschlagen, immerhin konnte man beim Schütteln ohnehin nichts hören, aber so einfach konnten sie es sich nicht machen; Rory und die anderen sollten ja lernen.
Cy schien noch ein paar Ideen zu haben, er machte Musik. Dieser Versuch trieb Rorys linke Augenbraue zweifelnd in die Höhe. Ein kleines Konzert war doch hübsch, aber irgendwie zweifelte sie daran, dass das etwas brachte. Wieso konnte sie nicht sagen, es war irgendwie ein Bauchgefühl. Außerdem schien es ihr gefährlich, denn sollte jemand zufällig neben der Kiste musizieren oder singen, dann würde sie ja aufgehen und das erschien ihr doch gefährlich. Während ihr Ausbildner die Tonleitern auf und ab spielte, versuchte sich Aurora diese kleine Truhe an ihrem eigentlichen Platz vorzustellen, auf einem Regal oder dem Frisiertisch einer feinen Dame. Es musste also etwas sein, das nicht zufällig passierte aber so unauffällig funktionierte, dass man nicht extra den Zauberstab suchen musste. „Was?“ Die junge Hexe schreckte aus ihren Gedanken auf, brauchte einen Augenblick, bis die Frage in ihren Kopf gesickert war. „Ahm.. jein. Ich glaube ich habe ungefähr hundert Mal “Komm schon, geh auf.“ gesagt.“, antwortete sie dann mit einem Schulterzucken. Das war eine Angewohnheit mit der sie manchmal aufgezogen worden war, sie sprach oft mit ihrer Arbeit. Oder mit ihrer Wäsche. Oder sie sang, wenn sie kochte. „Warte.“ Vorsichtig trat sie wieder an den Tisch heran, tippte mit dem Finger gegen die Kiste. „Bitte öffne dich.“, ersuchte sie das Ding freundlich, aber keine Reaktion.
„Ganz genau. Sehr gut, Rory“, antwortete Cy auf die vollkommen richtigen Feststellungen der Auszubildenden und zeigte damit auch eine weitere Seite seines Ausbildungsstils. Zum einen der harte Hund mit den klaren Worten, der einem angehenden Fluchbrecher auch schon mal die Leviten las, zum anderen der lockere Kollege, der auch mal lobte, um die Motivation und das Interesse der zukünftigen Fluchbrecher zu steigern. Einerseits sollten sie nämlich lernen, dass das hier ein lockerer Spaziergang war, andererseits hatte ihr Job aber auch unterhaltsame, ja sogar spaßige Seiten, die nicht nur mit den groben Zahlen im Innendienst zu tun hatte. Aurora gehörte innerhalb ihres Ausbildungsjahrgangs ohnehin zu den vielversprechenden Auszubildenden, bei denen Cy sicher war, dass sich am Ende ihrer Ausbildung auch als hervorragende Fluchbrecher in die Expeditionen gehen konnten – und das lag nicht nur an seiner Ausbildung, sondern hing auch mit der Grundauffassung des jeweiligen Auszubildenden zusammen. Die Mischung auch Spontaneität und Planung, Mut zum Risiko und Bereitschaft zur Vorsicht, Anerkennung der ernsten Seiten und Ausnutzung der spaßigen Aspekte, das machte einen guten Fluchbrecher aus und sorgten dafür, dass dieser Job der beste Job der Welt war, zumindest wenn es nach Cy ging. Wenn er diese Begeisterung auch bei seinen Auszubildenden entfachen konnte, ging es ihm gut, selbst wenn er dafür auf den Außendienst verzichten musste und im Großraumbüro sowie den kleinen Schulungsräumen vor sich hinvegetierte. Es war zwar nur ein kleiner Trost, aber wenigstens setzten ihn die Oberkobolde nicht in ein Büro, sperrten ihn dort ein und warfen den Schlüssel weg. Auch das war nach den Unfall Jennys noch im Rahmen des Möglichen, ja sogar äußerst wahrscheinlich gewesen und eigentlich hatten sie genau das ja auch in den ersten Wochen getan, bis ihn das Urteil der internen Untersuchungskommission wieder für die Alltagsarbeit zugelassen hatte.
Der McLaggen blickte nun auf und nickte der jungen Frau zu, während sie nun versuchte, mit der Kiste zu reden und dabei sogar die meist notwendige Höflichkeit an den Tag legte. Dann wartete er, eine, zwei, drei Sekunden und starrte dabei ebenso auf die Kiste, wie es Aurora tat. In der Tat gehörte es manchmal auch zu ihrem Job, furchtbar dämlich auszusehen, und jetzt grade war so ein Moment, in dem sie einfach unschlüssig auf eine Kiste starren und abwarten mussten, ob sie vielleicht einfach ein bisschen länger brauchte – oder ihr die ausgesprochene Bitte einfach am nicht vorhandenen Hintern vorbeiging, so wie es jetzt grade der Fall war. Cy atmete hörbar durch und dachte erneut nach, bis ihm eine weitere Idee kam. „Manchmal kommt es auf die Sprache an. An den Niagarafällen gibt es zum Beispiel eine Aufbewahrungshöhle, deren Eingang sich nur dann öffnet, wenn man sie in der Sprache der Wassermenschen darum bittet. Deine Kiste versteht vielleicht kein Englisch“, dachte er laut nach, stütze sich auf den Tisch ab und klopfte mit dem Griff seines Zauberstabs auf die Tischplatte. „Ich gehe jetzt mal davon aus, dass sie nicht Eigentum eines seltenen magischen Geschöpes gewesen ist. Aber…“, er stockte, blickte auf und schlug sich mit der flachen Hand ins Gesicht. „Bei Merlin, wie lange kann denn eine Leitung sein! Du hast die Truhe auf Martinique gefunden und Thomas hat dich dorthin mitgenommen, weil du fließend Französisch sprichst. Versuch es doch mal damit.“ Nun trat er wieder vom Tisch zurück und ließ die junge Frau den nächsten Vollzug vollziehen. Neugierig haftete sein Blick dabei auf der Kiste. Würde sie nun ihr Geheimnis enthüllen?
Lob war immer klasse. Es gefiel ihr sogar noch viel besser gelobt zu werden, als Rory zugeben wollte. Gut, wer mochte das nicht... Zu Beginn hatte sie ein wenig mit ihrem Schicksal gehadert als die Aurorenzentrale sie ablehnte. Ihre Großeltern waren nicht überrascht gewesen, sie selbst schon. Aber nach einer Woche der Krisenbewältigung und Trauer in Form von Rotwein und viel Schokolade hatte sie sich eben umorientiert und ihren Plan B ausgegraben: Fluchbrecherin. Rory erinnerte sich noch gut daran, dass ihre Eltern sogar ein wenig erleichtert gewesen waren, dass ihre älteste Tochter eben nicht den gefährlichen Auorenberuf ergriff. Dementsprechend waren sie gleich wieder ernüchtert gewesen weil Fluchbrecher eben auch nicht gerade sicher verwahrt in ihren Büros saßen. Aber sie hätten sich nicht wundern sollen, so sehr wie Rory nach ihren Großeltern kam. Und mittlerweile machte sie das wirklich gern, gerade unter dem Aspekt, dass es im Ministerium mittlerweile so zuging, dass sie das mit ihrer privaten Meinung nicht mehr wirklich vereinbaren könnte. Außerdem war es spannend und vielseitig hier, denn man jagte nicht Leute oder versuchte sie aufzugreifen, man konnte Sachen aufbrechen, suchen, öffnen, verschließen, durfte zauberhaft viele Rätsel lösen und Gringotts würde es sich mit dem Ministerium zwar nicht groß verscherzen, das wäre dämlich – aber es blieb deutlich weniger politisch als in der Aurorenzentrale.
Nur dieses Rätsel wollte nicht so Recht gehorchen, denn es passierte einfach nichts. Also war es auch keine Sprache. Für Rory wäre es an diesem Punkt abgeschlossen gewesen, aber Cy war noch nicht so weit, stattdessen bekam sie einen Grundkurs in sprachbasierten Verschlüssen. Es war eigentlich gar nicht so dumm wenn man eine Sprache beherrschte die sonst keiner konnte. Sie selbst würde dann wohl etwas auf koboldisch verschließen und zwar mit einem komplett zufälligen Wort. Knoblauchpresse etwa. Als ihr Ausbilder sich auf die Stirn schlug zuckte die junge Hexe kurz zusammen... und dann fiel es ihr auch wie Schuppen von den Augen. Natürlich. Na-tür-lich. Wie konnte sie nur so dämlich sein. Zuhause sprach sie sehr oft französisch, es war eine gleichwertige Muttersprache für sie, aber hier in der Arbeit nur sehr, sehr selten. „Alors.“ Aurora räusperte sich, tippste ihr Projekt wieder an. „Ouvre, s'il te plaît.“, bat sie auch auf französisch ganz wohlerzogen. Einen Moment lang passierte gar nichts, dann knackte es leise in die gespannte Stille hinein und der Deckel öffnete sich langsam. „HA!“ Triumph! Begeistert machte die junge Hexe einen Freudensprung und lugte dann hinein. Und entgegen ihrer Einschätzung war sie nicht einmal leer, ihre kleine verfluchte Kiste. Obenauf lag ein Haufen Pergament, auf den ersten Blick sah es nach Briefen aus. Vorsichtig schob sie die Briefe mit der Spitze ihres Zauberstabes aus der Kiste, die nun aber sehr folgsam und gebändigt wirkte. Und unten im Eck lag ein schmaler, schmuckloser Ring aus Silber, der offenbar schon etwas länger dort lag, denn an manchen Stellen war er schon angelaufen. Auch dieses „Beute“ fischte sie mit der Zauberstabspitze heraus, hielt ihn ans Licht. „So viel Aufwand... dafür.“
Cy wartete ab. Auch so eine Sache, die mit dem Fluchbrecherberuf einherging, denn manchmal wirkten Zauber bei magisch belegten Gegenständen nicht sofort, um den wirkenden Magier zu verwirren oder ihn dazu zu verleiten weitere Zauber zu wirken, die die vorhergehenden, möglicherweise bereits erfolgreichen Zauber aufhoben. Geduldig blickte der McLaggen auf die Kiste, bis es schließlich einmal in ihr knackte. Die Spannung stieg, denn grade hatte sie gleich zweimal geknackt und war damit wieder verschlossen, doch dieses Mal blieb das zweite Knacken aus. Zufrieden nickte der Fluchbrecher der Auszubildenden zu. „Sehr gut, Rory“, lobte er erneut und trat nun wieder an den Tisch heran, um auch selber zu sehen, was die Kiste bislang in ihrem Inneren verborgen hatte. Es war nichts Spektakuläres und er glaubte im Blick Auroras etwas Enttäuschung sehen zu können. Ein einfacher, bereits leicht angelaufener Ring, der aber eine schlichte Eleganz ausstrahlte und ein paar engbeschriebene Pergamentbögen, wahrscheinlich Briefe, die zusammengefaltet auf dem Boden der Kiste lagen. Es war kein großer Schatz, wahrscheinlich keine historisch wichtigen Dokumente und Artefakte, aber diese Dinge mussten ihrem Vorbesitzer oder ihrer Vorbesitzerin viel wert gewesen sein, wenn sie sie so gut, verbogen hielt. Der Öffnungsmechanismus war zwar nicht sonderlich kreativ, aber vielleicht grade durch seine Einfachheit so schwer zu entschlüsseln. Wahrscheinlich ging es den meisten Menschen so wie den beiden Fluchbrechern, die ja auch vor allem mit komplizierteren Dingen rangegangen waren, anstatt darüber nachzudenken, es mit Freundlichkeit und Höflichkeit zu probieren. Die Kiste war damit vielleicht ein Symbol für die derzeitige Situation in England, in der das Ministerium eher auf Angstmache und Rassismus setzte, anstatt auf ein tolerantes Miteinander.
„Es muss nicht immer Spektakulär sein, Rory. Aber vielleicht merkst du dir ja, wie du die Kiste geöffnet hast und nimmst dir diese Methode zu Herzen“, sagte er vielsagend und blickte dann nochmal auf die Kiste. „Eine letzte Aufgabe bekommst du jetzt noch von mir. Du bringst die Kiste hoch zu Alistair in die Analyse und lässt die Sachen dort untersuchen. Und unter uns gesagt: Vielleicht fragst du einfach mal, ob du die Sachen behalten kannst, wenn sie für Gringotts oder die magische Welt keinen besonderen Wert haben. Ich denke, der Ring wird dir noch lange ein treuer Begleiter sein können und dir Briefe… na ja… sind hoffentlich unterhaltsam.“ Er lachte und blickte zu Agatha, die grade damit beschäftigt war, die letzten Notizen niederzuschreiben, bevor sie sie schließlich mit einem letzten Punkt beendete. „Danke, Agatha.“ Cy rollte das Pergament zusammen, fixierte es mit einem herbeibeschworenen Band und reichte das Öffnungsprotokoll an Aurora weiter. „So, das brauchst du noch für Alistair.“ Mit einem aufmunternden Nicken verließ er daraufhin den Raum in Richtung des Großraumbüros. Immer noch wartete Papierkram.